Deutsche Wirtschaft rutscht ab!
Deutschlands Wirtschaft rutscht unter Wachstumsschwelle, Dienstleistungssektor belastet. Europäische Märkte reagieren positiv trotz globaler Unsicherheiten.

- HCOB-Index fällt auf niedrigsten Stand seit Dezember
- Dienstleistungssektor mit schnellster Schrumpfrate
- Fertigung zeigt leichte Widerstandsfähigkeit
- Europäische Börsen legen trotz Wirtschaftsproblemen zu
Die deutsche Wirtschaftsleistung ist im April 2025 überraschend wieder in die Kontraktionsphase gerutscht. Der HCOB-Einkaufsmanagerindex für die Privatwirtschaft fiel auf 49,7 Punkte – den niedrigsten Stand seit Dezember letzten Jahres und damit unter die kritische 50-Punkte-Marke, die Wachstum von Schrumpfung trennt. Analysten hatten mit einem Wert von 50,4 gerechnet, wurden jedoch von der schwächeren Performance enttäuscht. Besonders der Dienstleistungssektor belastet die größte europäische Volkswirtschaft, während die Fertigung trotz globaler Handelsspannungen eine gewisse Widerstandsfähigkeit zeigt.
Dienstleistungssektor als Hauptbelastungsfaktor
Der Service-Bereich verzeichnete einen deutlichen Einbruch und sank auf 48,8 Punkte – die schnellste Kontraktionsrate seit Februar 2024. Diese Entwicklung steht im starken Kontrast zum Verarbeitenden Gewerbe, das zum zweiten Mal in Folge ein leichtes Wachstum bei der Produktion verzeichnete, wenn auch mit gedrosseltem Tempo. Der Produktionsindex im Fertigungssektor notierte bei 51,6, während der übergreifende Fertigungs-PMI bei 48,0 lag, leicht unter dem März-Wert von 48,3.
"Man könnte sagen, dass Deutschlands exportgetriebenes Wachstumsmodell vor erheblichen Herausforderungen steht, aber die US-Zollpolitik hat noch keinen massiven Einbruch in der Fertigung verursacht", erklärte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank.
Europäischer Kontext zeigt ähnliche Schwächen
Die deutsche Entwicklung spiegelt einen breiteren europäischen Trend wider. Auch in Frankreich schrumpfte die Privatwirtschaft im April mit verstärktem Tempo. Der französische Composite PMI fiel auf 47,3 Punkte (von 48,0 im März) und markiert damit den achten Kontraktionsmonat in Folge. Ähnlich wie in Deutschland zeigt der französische Fertigungssektor Anzeichen von Stabilisierung – die Produktion stieg sogar auf 50,3 Punkte, ein 35-Monats-Hoch. Doch der wichtige Dienstleistungssektor sackte auf 46,8 Punkte ab, den niedrigsten Wert seit zwei Monaten.
"Trotz eines leichten Rückgangs gegenüber dem Vormonat sind die Daten nicht so katastrophal wie befürchtet", kommentierte Jonas Feldhusen, Junior-Ökonom bei der Hamburg Commercial Bank, zur französischen Situation. Dennoch sei die Auftragslage "deutlich verschlechtert" und die Geschäftserwartungen seien unter die Wachstumsschwelle gerutscht.
US-Handelspolitik verunsichert Märkte
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Europa werden durch die unberechenbare Handelspolitik des US-Präsidenten Donald Trump zusätzlich verschärft. Unternehmen kämpfen mit der Unsicherheit nach Trumps Ankündigung umfassender Zölle gegen nahezu alle Handelspartner der Vereinigten Staaten. Diese Maßnahmen könnten besonders das exportorientierte deutsche Wirtschaftsmodell treffen.
Eine gewisse Erleichterung verschaffte den Märkten Trumps jüngste Abkehr von früheren Drohungen gegenüber der US-Notenbank. Nachdem Trump zuvor mit der Entlassung des Fed-Vorsitzenden Jerome Powell gedroht hatte, erklärte er nun, er habe "keine Pläne", Powell zu entlassen. Zudem deutete er einen versöhnlicheren Ton gegenüber China an und erklärte Reportern, er würde in Verhandlungen mit Peking "sehr nett" sein.
"Die Märkte werden zunehmend an das Verhalten des Präsidenten gewöhnt – erst schießt er aus der Hüfte, dann revidiert er seine Position, als wäre es nie ein großes Problem gewesen", analysierte Chris Weston, Forschungsleiter beim Broker Pepperstone.
Positives Signal von den Börsen
Die verbesserte Stimmung spiegelte sich am Mittwoch in steigenden europäischen Aktienmärkten wider. Der paneuropäische STOXX 600 Index kletterte um 1,8%. Auch die deutschen, französischen, spanischen und britischen Indizes legten zwischen 1,9% und 2,7% zu.
Einen besonderen Schub erhielten die europäischen Märkte durch starke Quartalszahlen von SAP. Der deutsche Softwareriese übertraf die Erwartungen der Analysten beim bereinigten Betriebsgewinn im ersten Quartal, woraufhin die Aktie um 9,3% anstieg und den gesamten europäischen Technologiesektor um 3,3% nach oben zog.
Fiskale Herausforderungen in Großbritannien
Während Europa mit Wirtschaftsschwäche kämpft, sieht sich Großbritannien mit wachsenden Haushaltsproblemen konfrontiert. Die britische Regierung verzeichnete im März eine Neuverschuldung von 16,444 Milliarden Pfund (21,87 Milliarden Dollar) – mehr als von Analysten erwartet und der dritthöchste März-Wert seit Beginn der Aufzeichnungen.
Für das Gesamtjahr 2024/25 summierte sich die öffentliche Kreditaufnahme auf 151,9 Milliarden Pfund, deutlich über der Prognose des Amtes für Haushaltsverantwortung (OBR) von 137,3 Milliarden Pfund. Dies markiert das schlechteste Jahr für die öffentliche Kreditaufnahme seit 2020/21.
Capital Economics warnt, dass der fiskalische Spielraum der Kanzlerin von ursprünglich 9,9 Milliarden Pfund auf 7,7 Milliarden Pfund geschrumpft sein könnte, da die Kreditkosten seit März gestiegen sind. Zudem hat das OBR die erwartete Erhöhung der Kreditaufnahme aufgrund der kürzlich verhängten US-Zölle noch nicht berücksichtigt – ein weiterer Beleg für die weitreichenden Auswirkungen der Trump’schen Handelspolitik.
Japans Finanzsystem unter Beobachtung
Auch in Asien wächst die Sorge vor den Auswirkungen der globalen Handelsspannungen. Die Bank of Japan (BOJ) warnte am Mittwoch, dass japanische Banken angesichts der gestiegenen Volatilität auf den globalen Finanzmärkten wachsam bleiben müssen.
"Das japanische Finanzsystem hat insgesamt seine Stabilität bewahrt", erklärte die BOJ in ihrem Bericht zum Finanzsystem. "Allerdings haben die Finanzmärkte im In- und Ausland seit Anfang April erheblich geschwankt", fügte sie hinzu und verwies auf Unsicherheiten bezüglich der Handelspolitik, anderer wirtschaftlicher Maßnahmen und geopolitischer Risiken.
Rohstoffmärkte reagieren positiv
Die verbesserte Risikobereitschaft an den Märkten half auch den Ölpreisen, einen Teil ihrer erheblichen Verluste wiedergutzumachen. Brent-Rohöl stieg um 60 Cent auf 68,04 Dollar pro Barrel, während US-Rohöl um 60 Cent auf 64,27 Dollar zulegte. Der sichere Hafen Gold verzeichnete hingegen Gewinnmitnahmen und fiel um 1,2% auf 3.340 Dollar pro Unze, nachdem es zuvor ein Allzeithoch von 3.500 Dollar erreicht hatte.
Ausblick bleibt eingetrübt
Die deutsche Bundesregierung wird ihre Wirtschaftsprognosen in dieser Woche voraussichtlich erneut nach unten korrigieren. Laut einer Reuters-Quelle rechnet die Regierung nun mit Stagnation im Jahr 2025, nach zwei aufeinanderfolgenden Jahren der Kontraktion. Diese Revision unterstreicht die anhaltenden strukturellen Probleme der größten europäischen Volkswirtschaft, die durch die aktuellen globalen Handelsspannungen noch verschärft werden.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat bereits am Dienstag seine Wachstumsprognosen für die USA, China und die meisten anderen Länder deutlich gesenkt. Sollte es nicht zu einer Einigung zwischen den USA und ihren wichtigsten Handelspartnern, insbesondere China, kommen, könnte eine nachhaltige Erholung der Risikoanlagen sowie des US-Dollars gefährdet sein.
Für die europäische Wirtschaft und insbesondere Deutschland bleibt die Entwicklung der US-Handelspolitik damit ein entscheidender Faktor für den weiteren Konjunkturverlauf im Jahr 2025.
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