Aktien AmerikaAktien DeutschlandAktien EuropaNewsSlider

Die nächste BioNTech finden! Morphosys, Defence Therapeutics, Valneva – Wo lauert die Chance auf einen Durchbruch?

Anfang 2022 kündigte Präsident Biden eine Neuauflage des „Cancer Moonshot“ an und nannte neue Ziele: So soll es zu einer Halbierung der Krebstodesrate innerhalb von 25 Jahren und einer deutlichen Verbesserung des Lebens von Menschen mit Krebs kommen. Die Initiative lebt in den USA gerade wieder auf. Einige Biotech-Aktien könnten in diesem Umfeld deutlich zulegen.

VOLKSKRANKHEIT KREBS – Es gibt immer noch viel zu viele Tote

Die International Agency for Research on Cancer schätzt die Zahl der Krebstoten für das Jahr 2020 auf weltweit rund 9,96 Mio. Menschen. Die Zahl der Krebsneuerkrankungen belief sich im gleichen Jahr auf rund 19,3 Mio., Tendenz steigend. Laut Prognose könnte sich dieser Wert bis zum Jahr 2040 auf rund 16,3 Mio. per annum erhöhen. Mit rund 1,76 Mio. Toten forderte Lungenkrebs weltweit die meisten Menschenleben, mit deutlichem Abstand folgen die Krebsarten Darm- und Magenkrebs mit rund 881.000 bzw. 783.000 Toten.

Zusammen mit Leber- und Brustkrebs waren diese fünf Krebsarten weltweit für über die Hälfte aller krebsbedingten Todesfälle verantwortlich. Seit dem ursprünglichen Start des „Cancer Moonshot“ im Jahr 2016 hat die US-Krebsgemeinschaft messbare Fortschritte bei der Verwirklichung von drei ehrgeizigen Zielen gemacht: Es sind dies die Beschleunigung der wissenschaftlichen Entdeckung von Krebs, die Förderung einer stärkeren Zusammenarbeit und die Verbesserung der gemeinsamen Nutzung von Krebsdaten.

BIONTECH – Mit Fokus auf den Bauchspeicheldrüsen-Krebs

Das Mainzer Biotech-Unternehmen BioNTech meldet einen zaghaften Erfolg für eine mRNA-Therapie gegen eine der tödlichsten Tumorarten, den Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Therapie, die nach der operativen Entfernung des Tumors und zusätzlich zur Chemotherapie eingesetzt wurde, hat die Rückfallquote bei 8 von 16 Patienten innerhalb von 18 Monaten deutlich reduziert, teilt BioNTech nach ersten Testreihen mit. „Da nur weniger als 5% der Patienten auf die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten ansprechen, ist Bauchspeicheldrüsenkrebs eine der Krebsarten mit dem höchsten medizinischen Bedarf“, sagt Özlem Türeci, Mitbegründerin und Chefin von BioNTech.

Die BioNTech-Aktie erreichte ihren Spitzenwert bei rund 464 USD im vergangenen August, seitdem hat der Wert in der Spitze fast 80% an Wert verloren. Mit Annäherung an einen weiteren COVID-Herbst könnten die Impfstoff-Verkaufszahlen bei den Mainzern wieder rapide ansteigen, die geringe Impfbereitschaft spricht aber derzeit eine andere Sprache. Angesichts voller Kassen und der aktuell niedrigen Bewertung mit KGV 7,7 für das Jahr 2023e könnten aber durchaus Überraschungen von einer anderen Produktseite lauern. Man sollte die Aktie daher nicht aus den Augen verlieren.

DEFENCE THERAPEUTICS – Patentanmeldungen in Israel und Japan

Das kanadische Biotechnologie-Unternehmen Defence Therapeutics (DTC) hat mit der ACCUMTM -Plattform eine patentierte Technologie entwickelt, welche in der aktuellen Krebsforschung große Hoffnung macht. Die Wiederaufnahme von Bidens „Cancer Moonshot“-Initiative wirkt für die Kanadier daher wie eine Steilvorlage für neue Forschungen. Denn das börsennotierte Biotechnologie-Unternehmen entwickelt neue Impfstoffe und Antikörper-Wirkstoff-Konjugate – engl. Antibody-Drug Conjugates (ADC)-Produkte auf der Grundlage seiner eigenen proprietären Plattform. Grundlage dieser Plattform ist die ACCUM-Technologie, die es ermöglicht, Impfstoffantigene oder ADCs in ihrer intakten Form präzise an die Zielzellen zu bringen. Auf diese Weise können schwere Krankheiten wie Krebs und Infektionskrankheiten mit höherer Wirksamkeit und Effektivität bekämpft werden.

Dabei gab es jüngst eine bahnbrechende Entdeckung: Die ACCUM Variante „A1“ wandelt mesenchymale Stromazellen in potente antigenpräsentierende Zellen um, die sich für die Krebsimpfung eignen. Das Immunsystem ist eine strukturierte Einheit, die im Tandem arbeitet, um spezifische Immunzellen zu aktivieren, die „Nicht-Selbst“-Antigene suchen und zerstören. In Bezug auf Krebs stützt sich das Immunsystem auf sogenannte dendritische Zellen (DCs), eine Untergruppe potenter endogener APCs, um zytotoxische T-Lymphozyten (CTLs) zu aktivieren. Die CTLs können dann virusinfizierte oder krebsartige Zellen angreifen und eliminieren. Leider können die meisten Krebszellen jedoch Strategien entwickeln, um der DC-ausgelösten Immunität zu entgehen, was zur Entwicklung tödlicher Tumore führt.

Obwohl mehrere Strategien von anderen Unternehmen entwickelt und getestet wurden, um diese Anomalie zu korrigieren, scheiterten die meisten von ihnen an den Einschränkungen, die mit dem ineffizienten CTL-Priming zusammenhängen. Um dieses Problem zu überwinden, wandte Defence Therapeutics eine neuartige Strategie an, die darin besteht, die immunsuppressiven MSCs umzuprogrammieren, um sie in potente APCs zu verwandeln. Diese Entdeckung und Anwendung ist nicht nur unkonventionell, sondern hat auch das Potenzial, den Bereich der modernen Medizin zu revolutionieren, da sie als neuartige therapeutische Krebsimpfstoffe und Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten eingesetzt werden kann.

Die von Defence durchgeführten präklinischen Studien an Tieren haben kürzlich gezeigt, dass die Verabreichung des ARM-Impfstoffs zusammen mit dem Anti-PD1-Immun-Checkpoint einen synergistischen Effekt hat, der zu einem 100-prozentigen Überleben von Tieren mit vorbestehendem Lymphom führt. „Dies ist ein weiteres erfolgreiches Beispiel dafür, wie vielseitig und effizient die ACCUM-Technologie ist. Durch die Optimierung spezifischer Komponenten des ACCUM-Moleküls kann Defence neue Entitäten mit neuartigen pharmakologischen Eigenschaften entwickeln, die bei der Entwicklung neuer Produkte für verschiedene Krebsindikationen im Rahmen einer personalisierten Medizin eingesetzt werden können“, sagt Herr Plouffe, CEO von Defence Therapeutics.

Defence bereitet derzeit die Herstellung des ARM-Impfstoffs in einem GLP-Reinraum in Kanada vor, um eine Phase-1-Studie bei Melanompatienten durchzuführen. Ziel ist es, diese klinische Studie im zweiten Quartal 2023 zu beginnen. Diese Woche wurde gemeldet, dass die Patentanmeldung für den japanischen Patentantrag Nr. 2018-568469 des Unternehmens gewährt wurde. Darüber hinaus wurde die Annahme der israelischen Patentanmeldung Nr. 261765 am 1. August 2022 im israelischen Patents and Designs Journal veröffentlicht. Die Anmeldung betrifft neue Patente, welche konjugierte Verbindungen abdecken, die einen Transport von Antikörpern zum Zellkern durch die firmeneigene Technologie AccumTM ermöglichen.

Accum ergänzt das Patentportfolio des Unternehmens durch die Lösung für eine präzise Transportmethode zur verbesserten Zuleitung von intrazellulären Antikörper-Wirkstoff-Konjugaten. Durch das Überwinden problematischer Zellrecycling- und Abstoßungsmuster ermöglicht Accum es den ADCs, die intrazelluläre Abgabe chemotherapeutischer Medikamente zu kontrollieren, was zu einer besseren präklinischen Antitumoraktivität führt. Durch die Steigerung der Spezifität der zielgerichteten Tumoransteuerung – aufgrund der erhöhten Wirkstoffakkumulation – wird die unspezifische Toxizität bei gesunden Zellen erheblich reduziert. Bahnbrechend!

Die DTC-Aktie ist derzeit bei niedrigen 1,10 EUR zu haben, im Hinblick auf die hohe Beachtung von Bidens „Cancer Moonshot“ könnten sich die nächsten 12 Monate zu einem Freudenfest für die Aktionäre entwickeln. Wer hier einsteigt, sollte wegen der Volatilität ruhig an mehreren Tagen kaufen, das nivelliert den Einstandskurs.

VALNEVA oder MORPHOSYS – Wirklich gleich viel wert?

Die Aktien von Valneva und Morphosys haben eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Während Valneva an der breiten Einführung seines Totimpfstoffs scheiterte, war es bei Morphsys die viel zu teure Übernahme von Constellation Pharma, die den Marktwert um über 80% einbrechen ließ. Aktuell lohnt es sich beide Unternehmen, die mit Marktkapitalisierungen im Bereich 600 bis 750 Mio. EUR bewertet sind, erneut unter die Lupe zu nehmen.

Bei Valneva geht es primär nicht um Krebs. Denn der französisch-österreichische Impfstoff-Hersteller Valneva entwickelt, produziert und vermarktet Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten. Mit seinem Totimpfstoff VLA 2001 verfügt das Unternehmen über ein Vakzin gegen das Coronavirus, bislang ist der Verkaufserfolg aber überschaubar. Aktuell hat die Gesellschaft mit VBI Vaccines eine Partnerschaft für die Vermarktung und den Vertrieb des Hepatitis-B-Impfstoffs PreHevbri abgeschlossen. Adressiert werden ausgewählte europäische Staaten, Anfang 2023 soll der bereits in der EU und Großbritannien zugelassene Impfstoff in diesen Ländern verfügbar sein.

Aktuell besorgte sich das Unternehmen weitere 103 Mio. EUR über eine Kapitalerhöhung um 20,25 Mio. Aktien zu umgerechnet 4,90 EUR. Es ist den Angaben von Valneva zufolge geplant, die aktuellen Impfstoffprojekte nach vorne zu finanzieren. Eventuell lässt sich mit dieser Kapitalspritze der aktuelle Abwärtstrend der Aktie auch wieder stoppen. Mit aktuell 5,70 EUR steht der Preis immerhin noch 16 Prozent über dem Platzierungspreis gleichbedeutend mit dem 12-Monatstief. Technisch sind derzeit aber noch keine Kaufanreize gegeben, diese ergeben sich erst oberhalb von 8 EUR.

MORPHOSYS: Ziehen sich die Shorties zurück?

Besser steht es um die Aktie von Morphosys. Zwar kann man seit längerem keine veritablen Unternehmensnachrichten lesen, aber es gibt signifikante Shortpositionen von Marshall Wace LLP und Qube Research & Technologies Limited. Positive Analysten-Kommentare setzten die Manager der Hedgefonds zuletzt offenbar unter Druck und katapultierten den Kurs innerhalb von 72 Stunden auf über 23 EUR. Dort setzten allerdings wieder Gewinnmitnahmen ein. Die Analysten bleiben vorerst noch skeptisch. Von den sechs begleitenden Brokern, raten vier nicht ausdrücklich zum Kauf. Die Hamburger Privatbank Berenberg ist aber offensiv und sieht ein Kursziel von immerhin 65 EUR.

Die letzten Quartalszahlen konnten zwar nur wenig begeistern, dennoch macht die Pipeline gute Fortschritte. Der Hauptfokus liegt jetzt auf der Alzheimer-Forschung, das Blutkrebs-Medikament Monjuvi kann aber auch noch deutlich an Traktion gewinnen. Der Vorstand gibt sich optimistisch: „Wir wollen 2025 zwei Krebsmedikamente auf dem Markt haben.“ So der Chef Jean-Paul Kress am Mittwoch vor Journalisten. Nach einem Verlust von 514,5 Mio. EUR in 2021 möchte das Unternehmen aus Planegg bei München bis 2026 profitabel werden. Vor einigen Monaten hat Morphosys seine Prognose für den Umsatz deutlich gesenkt, weil der Absatz des Blutkrebsmedikaments Monjuvi unter einer starken Konkurrenz leidet.

Mit der positiven mittelfristigen Aussicht verbindet Morphosys weitere Einsatzgebiete für Monjuvi sowie die Absicht, das Krebsmedikament Pelabresiv auf den Markt zu bringen. Dieses Präparat soll Patienten helfen, die am sehr seltenen Knochenmarkkrebs Myelofibrose leiden. Pelabresib war eine Mitgift aus der Constellation-Übernahme in 2021. Sämtliche hohen Erwartungen an Pelabresib haben sich laut CEO Kress aber bislang bestätigt, das hat die Börse aber wohl noch nicht auf dem Schirm. Charttechnisch positiv wird es, wenn der Kurs die 23,70 EUR nachhaltig überwinden kann, neue Quartalszahlen gibt es schon in gut 5 Wochen am 16. November.

FAZIT

Die Biotech-Branche hat unter der NASDAQ-Korrektur stark zu leiden, auch der Zinsanstieg verteuert notwendige Kapitalerhöhungen zugunsten der Forschungsaufwendungen. Trotzdem lohnt es sich auf dem erreichten Niveau, die Pipelines der Protagonisten genau im Auge zu behalten, denn auch der dritte COVID-Winter wird noch Überraschungen liefern. Mit Blick auf die Krebsforschung scheinen BioNTech, Morphosys und Defence Therapeutics hoch interessant. Letztere ist mit der sehr aussichtsreichen ACCUMTM-Technologie nur noch mit niedrigen 41 Mio. EUR bewertet.