Exklusives Vorstandsinterview: Aurelius – „Mehr Zukäufe im zweiten Halbjahr“
Das Münchner Private-Equity-Unternehmen AURELIUS Equity Opportunities hat seine Konzerntochter MEZ an einen Schweizer Unternehmer veräußert und mit dem Investment insgesamt einen Ertrag im niedrig zweistelligen Millionenbereich erzielt. Im Exklusivinterview mit BÖRSE GLOBAL sprechen AURELIUS-CEO Dr. Dirk Markus und COO Matthias Täubl über die jüngsten Verkäufe, den optimistischen Blick auf das zweite Halbjahr, neuen Schwung im M&A-Markt und „eine Phase interessanter Kaufopportunitäten“. Die operative Entwicklung bei den Konzerntöchtern zeige wieder klar nach oben und COO Täubl ist zuversichtlich, „bald wieder auf Vor-Corona-Niveau“ zu sein. Und auch bezüglich des Kurses der AURELIUS-Aktie zeigt sich Dr. Markus optimistisch: „Wir werden nach der Verarbeitung des Pandemieschocks mit lukrativen Zukäufen und erfolgreichen Exits die besten Argumente für einen höheren Aktienkurs geben.“
Herr Täubl, Aurelius hat seine Konzerntochter MEZ an einen Schweizer Unternehmer veräußert. Wie erfolgreich war Ihr Engagement im Bereich Handarbeitsgeschäft?
Matthias Täubl: Handarbeiten gilt oft fälschlich als altbacken, ist aber ein durchaus spannendes Geschäft. Der Trend geht Richtung Umweltbewusstsein, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Seit der Übernahme durch AURELIUS im Jahr 2015 konnten wir wichtige Weichen stellen und Akzente neu setzen und Schritt für Schritt das Unternehmen neu aufstellen. Mit den Verkäufen – zunächst des angelsächsischen Geschäftes unter der Marke „Rowan“ vor einigen Monaten und des kontinentaleuropäischen Geschäftes jetzt – ist das Investment operativ abgeschlossen und wir können uns in Summe über einen Ertrag im niedrig zweistelligen Millionenbereich freuen.
Herr Dr. Markus, bei Office Depot haben sie nach dem Osteuropa- auch das Skandinavien-Geschäft veräußert. Welche Strategie steckt dahinter?
Dr. Dirk Markus: Die Verkäufe des Osteuropa- und Skandinaviengeschäfts folgen auf die erfolgreiche Geschäftstransformation nach der Übernahme durch AURELIUS im Jahr 2017 und sind Teil der Konzentration von Office Depot auf den Bereich Online. Die Zukunft des Handels liegt im Netz: eine gut vernetzte, bedienerfreundliche Plattform, automatisierte Bestellvorgänge und ein konstanter Materialfluss just in time. Hier können wir unsere Ressourcen nun noch fokussierter einsetzen.
Welche Rolle spielt Office Depot jetzt noch in Ihrem Gesamtportfolio?
Dr. Dirk Markus: Durch die bereits realisierten Teilverkäufe sowie Zukäufe in anderen Geschäftsbereichen macht Office Depot noch einen Anteil von ca. vier Prozent an unserem Net Asset Value aus.
Herr Täubl, wie schlagen sich Ihre weiteren Beteiligungen im Kontext der aktuellen Lage?
Matthias Täubl: Das Tal scheint durchschritten, die Unternehmen laufen umsatzseitig wieder hoch. Die Geschwindigkeit der Erholung variiert von Branche zu Branche. Geholfen hat uns sehr, dass wir durch unsere operativen Experten ohnehin immer sehr nah am Geschehen sind. Ob sich die Erholung als „V“ oder eher als „U“ darstellt, bleibt noch abzuwarten. Konkreter werden wir dies in den nächsten Monaten sehen. In Summe zeigt die operative Entwicklung aber wieder klar nach oben und wir sind zuversichtlich, bald wieder auf Vor-Corona-Niveau zu sein.
Dr. Markus, heißt das auch, dass Sie schon wieder optimistischer auf die zweite Jahreshälfte blicken?
Dr. Dirk Markus: Ja, auf jeden Fall. Die Pandemie war ein Schock, die Panik bei vielen Marktteilnehmern groß. Die schlimmsten Befürchtungen haben sich zum Glück jedoch nicht bewahrheitet, alle haben gelernt, sich darauf einzustellen. Handel, Produktion und Dienstleistungen haben sich in den letzten Wochen wieder erholt und werden auch in Zukunft nachgefragt. Die Pandemie hat auf dem M&A-Markt hohe Wellen geschlagen. Viele Unternehmen oder Konzerne haben bereits oder werden noch mit weiteren Umstrukturierungen antworten. Auf der Kaufseite wird dies schon in naher Zukunft zu Opportunitäten führen.
Herr Täubl, Sie haben einen nennenswerten Fokus auf britische Beteiligungen, inwieweit spielt der nun fixe Brexit im Tagesgeschäft eine Rolle? Sind dadurch bei der Bewertung der UK-Beteiligungen negative Einflüsse zu erwarten?
Matthias Täubl: Der Brexit an sich hat ja schon stattgefunden, in den Verhandlungen jetzt geht es darum, wie künftig zwischen Großbritannien und der EU Handel betrieben wird. Dies betrifft viele unserer britischen Beteiligungen gar nicht, weil sie nur innerhalb Großbritanniens Geschäfte betreiben. Dort wo es potenzielle Auswirkungen gibt, sind diese auch im Worst Case Szenario eines Rückfalls auf WTO-Richtlinien übersichtlich.
Herr Dr. Markus, wie sieht es generell mit der Exit-Pipeline aus?
Dr. Dirk Markus: Auch die Situation auf der Exit-Seite war bisher stark von der Corona-Pandemie geprägt, die meisten Marktteilnehmer müssen sich erst neu sortieren. So langsam kommt der M&A-Markt aber wieder in Schwung. Und klar ist auch, für ein gut laufendes Unternehmen findet sich zum richtigen Zeitpunkt immer ein Käufer zu einem guten Preis. Wir fokussieren uns daher weiter voll auf die nachhaltige operative Neuausrichtung unserer Verkaufskandidaten von morgen.
Durch die jüngsten Entwicklungen steigt sicherlich die Zahl der Firmen, die in Schieflage sind und damit als potenzielle Akquisitionstargets in Frage kommen. Heißt das für Aurelius, dass mit Blick auf das zweite Halbjahr mehr Zukäufe zu erwarten sind?
Dr. Dirk Markus: Davon bin ich überzeugt. Wir müssen jedoch ganz genau prüfen, welche Auswirkungen die Pandemie auf das Geschäftsmodell der potenziell zukünftigen AURELIUS-Töchter hat. Insbesondere geht es dabei um die Frage, ob Corona-bedingte Einbrüche nur temporärer Natur sind oder sich das Kunden- und Nachfrageverhalten in einer Branche fundamental verändert hat. Die Turbulenzen der vergangenen Monate haben uns erneut gezeigt, wie wichtig ein leistungsstarker Cashflow ist. Aurelius achtet hierauf seit vielen Jahren sehr erfolgreich und wird dies auch bei der Auswahl zukünftiger Töchter weiter tun.
Die AURELIUS-Aktie hat in den vergangenen Monaten deutlich an Wert eingebüßt. Wie erklären Sie sich diese enttäuschende Performance und den hohen Abschlag gegenüber dem NAV sowie den aktuellen Analystenkurszielen?
Dr. Dirk Markus: Aurelius Equity Opportunities hat sich seit Gründung zu einem Private-Equity-Unternehmen entwickelt, dessen Geschäftsmodell überdurchschnittliche Renditen ermöglicht. Der Kauf und Verkauf von Unternehmen lässt sehr viel Platz für unterschiedliche Einschätzungen und somit Renditen. Bei derlei Investitionen sind Investoren derzeit besonders risikoavers. Wir werden nach der Verarbeitung des Pandemieschocks mit lukrativen Zukäufen und erfolgreichen Exits die besten Argumente für einen höheren Aktienkurs geben. Ein weiterer Grund für den schwachen Kurs ist sicherlich der Ausfall der Dividende für das abgelaufene Jahr. Wir halten diese Entscheidung in der aktuell weltweit einmaligen und sehr herausfordernden wirtschaftlichen Sondersituation jedoch weiterhin für kaufmännisch absolut gerechtfertigt.
Sie sprechen den Ausfall der Dividende für 2019 an. In der Vergangenheit hat sich AURELIUS einen Namen als attraktiver Dividendenwert gemacht. Was dürfen Ihre Aktionäre in den kommenden Jahren in Bezug auf eine mögliche Dividende erwarten?
Dr. Dirk Markus: Die Aussetzung der Dividende ist der anhaltenden Corona-Pandemie geschuldet. Der Schutz unserer Töchter durch eine starke Kapitalstruktur in der Holding geht in dieser Ausnahmesituation vor. Wir kommen in eine Phase interessanter Kaufopportunitäten, diese können wir hierdurch im Sinne unserer Aktionäre nutzen. Und der gute Einkauf von heute ist ja bei unserem Geschäftsmodell die Dividende von morgen!
Herr Dr. Markus, Herr Täubl, Ihnen beiden vielen Dank für das Interview.
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