Globale Wirtschaftsturbulenzen: Trumps Zollpolitik erschüttert Märkte

Die verschärfte Handelspolitik der USA führt zu massiven Kursverlusten an den globalen Börsen, während Investoren nervös reagieren und Zinssenkungen wahrscheinlicher werden.

Die Kernpunkte:
  • Nasdaq verzeichnet stärksten Einbruch seit Jahren
  • Handelskonflikt mit Kanada intensiviert sich
  • Europäische KI-Initiative steht vor Herausforderungen
  • Schweiz diskutiert Begrenzung von Bankerboni

In einer Phase zunehmender wirtschaftlicher Unsicherheit senden die internationalen Finanzmärkte alarmierende Signale. Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zollmaßnahmen gegen wichtige Handelspartner haben in den vergangenen Wochen zu erheblichen Marktturbulenzen geführt. Besonders deutlich zeigte sich dies am gestrigen Handelstag, als der technologielastige Nasdaq-Index um 4% einbrach – der stärkste Rückgang seit zweieinhalb Jahren.

Trumps protektionistische Agenda im Fokus

Die sogenannte „Trump-Trade“-Strategie befindet sich auf dem Rückzug. Nachdem der US-Präsident Kanada als „Zollmissbraucher“ bezeichnet hat, verschärfte sich der Handelskonflikt mit dem nördlichen Nachbarn weiter. Trump drohte mit reziproken Zöllen ab dem 2. April, sollte die kanadische Regierung ihre Handelsbarrieren nicht senken. Als Reaktion hat die bevölkerungsreichste kanadische Provinz Ontario bereits einen 25-prozentigen Aufschlag auf Stromexporte in die USA verhängt.

„Wir werden Kanada nicht länger subventionieren“, erklärte Trump und verwies auf angebliche kanadische Zölle zwischen 250% und 390% auf US-Agrarprodukte. Die verschärfte Rhetorik und die tatsächlichen Handelsbeschränkungen haben die Hoffnungen auf eine wirtschaftsfreundliche Politik unter Trump gedämpft. Der sogenannte „Trump Put“ – die Erwartung, dass der Präsident bei fallenden Aktienkursen eingreifen würde – hat sich bislang nicht materialisiert.

Globale Märkte in Aufruhr

Die Auswirkungen der US-Handelspolitik sind weltweit zu spüren. Während asiatische Märkte versuchten, sich zu stabilisieren, blieb die Stimmung nervös. Die Renditen von Staatsanleihen fielen deutlich, und die Märkte preisen mittlerweile eine etwa 50:50-Wahrscheinlichkeit für eine US-Zinssenkung im Mai ein. Die großen Investmentbanken reagieren ebenfalls: Citi stufte nach Börsenschluss seine Empfehlung für US-Aktien von „übergewichten“ auf „neutral“ herab und äußerte Zweifel, ob die überlegene Performance der US-Wirtschaft in den kommenden Monaten anhalten kann.

Währenddessen zeigen sich im Devisenmarkt ebenfalls signifikante Verschiebungen. Der japanische Yen erreichte ein Fünf-Monats-Hoch gegenüber dem US-Dollar. Diese Bewegung verstärkt sich durch die neue Unsicherheit an den Aktienmärkten. Experten weisen darauf hin, dass es sich weniger um eine Reaktion des Dollar-Yen-Kurses auf die Aktienmärkte handelt, sondern vielmehr die Aktienmärkte die bereits länger anhaltende Yen-Stärke einpreisen.

Europas wirtschaftliche Herausforderungen

Inmitten der globalen Handelsspannungen steht Europa vor eigenen wirtschaftlichen Herausforderungen. Die jüngsten Daten aus Großbritannien zeigen einen gedämpften Einzelhandel. Laut dem British Retail Consortium (BRC) und KPMG stiegen die Einzelhandelsumsätze im Vereinigten Königreich in den vier Wochen bis zum 1. März um bescheidene 1,1% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – unter dem Drei-Monats-Durchschnitt von 2,4% und dem Zwölf-Monats-Durchschnitt von 0,8%. Haupttreiber war der Lebensmittelsektor mit einem Plus von 2,3%, während Non-Food-Verkäufe stagnierten.

Gleichzeitig ringt die Europäische Kommission um technologischen Anschluss an die USA und China. Mit einer 20-Milliarden-Dollar-Initiative plant Brüssel den Bau von vier „KI-Gigafabriken“, um Europas Position im globalen KI-Wettbewerb zu stärken. Doch Experten bezweifeln die Erfolgsaussichten des ambitionierten Projekts.

„Selbst wenn wir eine solche große Rechenanlage in Europa bauen und ein Modell darauf trainieren würden, was machen wir damit, wenn es fertig ist?“, fragt Bertin Martens von der Denkfabrik Bruegel. Das Projekt steht vor zahlreichen Herausforderungen, darunter die Beschaffung von Chips, geeignete Standorte und ausreichende Stromversorgung. Kritiker sehen ein Henne-Ei-Problem: Ohne große europäische Cloud-Service-Anbieter wie Google oder Amazon oder Unternehmen mit Millionen zahlender Kunden wie ChatGPT-Macher OpenAI ist der Bau solcher Hardware in diesem Umfang ein riskantes Unterfangen.

Naher Osten und Schweiz mit unterschiedlichen Signalen

Im Nahen Osten zeigt Saudi-Arabien trotz anhaltend niedriger Ölpreise moderate Wachstumsdaten. Die vorläufigen Regierungsdaten belegen ein Wachstum der saudi-arabischen Wirtschaft um 1,3% im Jahr 2024, wobei der Nicht-Öl-Sektor um 4,3% zulegte, während die Öl-Aktivitäten um 4,5% zurückgingen. Im vierten Quartal wuchs das BIP des Königreichs um 4,5% im Jahresvergleich. Diese Zahlen entsprechen den Erwartungen einer Reuters-Umfrage, die für 2024 ein Wachstum von 1,3% prognostizierte – leicht unter der revidierten IWF-Prognose von 1,5%.

In der Schweiz zeichnen sich unterdessen bedeutsame Veränderungen in der Finanzregulierung ab. Das Schweizer Oberhaus hat mit knapper Mehrheit (21 zu 19 Stimmen) einen Antrag zur Begrenzung der jährlichen Gesamtvergütung von Bankern auf 3 bis 5 Millionen Schweizer Franken (etwa 3,4 bis 5,7 Millionen US-Dollar) unterstützt. Die Initiative, die nach dem Zusammenbruch der Credit Suisse im Jahr 2023 vorgeschlagen wurde, geht nun an das Unterhaus. Sollte der Plan dort gebilligt werden, muss der Schweizer Bundesrat eine Gesetzesänderung ausarbeiten.

Gleichzeitig verzeichnet die Schweizer Waffenexportindustrie den zweiten Rückgang in Folge. Nach Regierungsdaten sanken die Kriegsmaterialexporte 2024 um 5% auf 665 Millionen Schweizer Franken (754,74 Millionen Dollar), verglichen mit 696,8 Millionen Franken im Vorjahr. Bereits 2023 war ein signifikanter Rückgang von 27% gegenüber den 955 Millionen Franken im Jahr 2022 zu verzeichnen.

US-Finanzregulierung im Wandel

Während die Märkte unter Druck stehen, drängen private Fondsgesellschaften in den USA auf eine Reform oder Rücknahme von Vorschriften, die in den letzten vier Jahren unter dem ehemaligen SEC-Vorsitzenden Gary Gensler eingeführt wurden. Die Managed Funds Association (MFA) hat in einem Schreiben an den amtierenden Vorsitzenden Mark Uyeda, Trumps Kandidaten für diese Position, zehn Empfehlungen ausgesprochen, die „Kosten und Belastungen für Marktteilnehmer reduzieren und die Effizienz der Finanzmärkte verbessern würden“.

Der Verband fordert die Aufsichtsbehörde auf, die Marktinfrastruktur zu verbessern, bevor eine zentrale Reform aus dem Jahr 2023 umgesetzt wird, die darauf abzielt, das systemische Risiko im 28,5 Billionen Dollar schweren US-Staatsanleihenmarkt zu reduzieren. Zudem bittet die MFA um eine Überprüfung der aktualisierten „Form PF-Regel“ von 2023, die Fonds verpflichtet, mehr Informationen offenzulegen, etwa über Ereignisse, die signifikanten Stress oder systemische Risiken signalisieren könnten.

Ausblick und Implikationen

Die aktuelle globale Wirtschaftslage ist von zunehmender Ungewissheit geprägt. Die protektionistischen Maßnahmen der USA könnten zu einer länger anhaltenden Marktvolatilität führen und den internationalen Handel beeinträchtigen. Gleichzeitig versucht Europa, durch massive Investitionen in KI-Infrastruktur seine technologische Souveränität zu stärken, steht jedoch vor erheblichen strukturellen Herausforderungen.

Für Anleger bleibt die Situation herausfordernd. Die jüngsten Kursverluste an den US-Börsen könnten Kapitalabflüsse in andere Märkte begünstigen, während die Erwartungen an Zinssenkungen der Federal Reserve steigen. Die Entwicklungen in der Schweiz zeigen zudem, dass regulatorische Veränderungen im Finanzsektor nach der Credit-Suisse-Krise weiterhin auf der Agenda stehen.

In Saudi-Arabien bleibt abzuwarten, wie das Königreich seinen wirtschaftlichen Diversifizierungskurs fortsetzt, während die Ölpreise voraussichtlich gedämpft bleiben werden. Die nächsten Wochen dürften entscheidend sein für die weitere Entwicklung der internationalen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen sowie die Reaktionen der Finanzmärkte auf die zunehmenden geopolitischen Spannungen.