Handelskrieg eskaliert: Märkte unter Schock trotz grüner US-Börsen

Gegenseitige Strafzölle zwischen den Großmächten erschüttern Finanzmärkte weltweit, während Gold neue Rekordmarken erreicht und traditionelle Sicherheitswerte schwächeln.

Die Kernpunkte:
  • US-Staatsanleihen verlieren trotz Krisensituation
  • Goldpreis durchbricht 3.000 Dollar-Marke
  • US-Börsen zeigen überraschende Widerstandskraft
  • Rezessionssorgen für Weltwirtschaft nehmen zu

Die globalen Finanzmärkte stehen am Rande eines möglichen Umbruchs. Die am 9. April in Kraft getretenen massiven US-Zölle in Höhe von 104% auf chinesische Waren und die umgehende Vergeltung Pekings mit 84% Gegenzöllen haben weltweit Turbulenzen ausgelöst. Die Auswirkungen zeigen sich besonders deutlich im traditionellen Zufluchtsort für Krisensituationen – den US-Staatsanleihen.

Flucht aus sicheren Anlagehäfen

Die Marktreaktionen auf den eskalierten Handelskrieg zwischen den USA und China haben traditionelle Anlagestrategien auf den Kopf gestellt. US-Staatsanleihen, normalerweise eine Zuflucht in Krisenzeiten, erleben massive Verkaufswellen. Die Rendite 10-jähriger US-Anleihen kletterte auf 4,45%, was einer der stärksten wöchentlichen Anstiege seit 2001 darstellt.

Was Analysten besonders beunruhigt: Die ungewöhnliche Gleichzeitigkeit der Verkäufe von US-Assets. "Wir erleben einen simultanen Kollaps der Preise aller US-Vermögenswerte einschließlich Aktien, des Dollars gegenüber alternativen Reservewährungen und des Anleihemarktes. Wir betreten unbekanntes Terrain im globalen Finanzsystem", warnt George Saravelos, Leiter der Devisenmarktforschung bei der Deutschen Bank.

Die Marktturbulenzen erinnern manche Beobachter an den "Dash for Cash" zu Beginn der COVID-19-Pandemie im März 2020, als die US-Notenbank Federal Reserve mit dem Kauf von US-Staatsanleihen im Wert von 1,6 Billionen Dollar eingreifen musste. Jefferies-Analysten sehen Parallelen zu dieser Situation und erwarten, dass die Fed bald stabilisierend eingreifen könnte, falls sich die Lage weiter verschlechtert.

Goldpreis auf Rekordjagd

Während traditionelle sichere Häfen wie US-Anleihen und der Dollar unter Druck geraten, erleben alternative Sicherheitswerte eine Renaissance. Gold hat die psychologisch wichtige Marke von 3.000 US-Dollar pro Unze durchbrochen und notiert mit über 3.070 Dollar auf einem historischen Höchststand. Der Aufstieg des Edelmetalls ist beeindruckend – innerhalb von nur zweieinhalb Jahren hat sich der Goldpreis fast verdoppelt.

Auch andere klassische Fluchtwährungen profitieren von der Unsicherheit. Der Schweizer Franken und der japanische Yen haben gegenüber dem Dollar seit Jahresbeginn um 7,5% zugelegt. Diese Entwicklung unterstreicht die zunehmenden Zweifel an der Dominanz des US-Dollars als globale Leitwährung in Krisenzeiten.

US-Aktienmarkt trotzt dem Sturm

Trotz der massiven Kapitalflucht aus US-Staatsanleihen und dem Dollar zeigten sich die amerikanischen Aktienmärkte am Mittwoch überraschend widerstandsfähig. Die wichtigsten Indizes Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq verzeichneten leichte Kursgewinne, angeführt von Technologiewerten wie Apple und Nvidia mit Zuwächsen von jeweils rund 2,5%.

"Der Reflex, Kursrückschläge zu kaufen, ist sehr stark, und die Ausverkäufe bei Technologieaktien machen sie im Vergleich zu ihren vorherigen Niveaus günstig", erläutert Chris Beauchamp, Chefstratege bei IG. Dennoch liegen alle drei Leitindizes mehr als 10% unter ihren Werten vor der Ankündigung der Reciprocal Tariffs durch Trump.

Bemerkenswert ist, dass US-Präsident Donald Trump selbst versuchte, die Märkte zu beruhigen. "DIES IST EINE GROSSARTIGE ZEIT ZUM KAUFEN!!!" postete er auf seiner Plattform Truth Social. "BLEIBT COOL! Alles wird gut ausgehen. Die USA werden größer und besser sein als je zuvor!"

Droht eine globale Rezession?

Die wirtschaftlichen Folgen des eskalierten Handelskriegs könnten weitreichend sein. Analysten von JPMorgan befürchten, dass die rasche Eskalation der US-Zölle auf China ausreichen könnte, um die Weltwirtschaft in eine Rezession zu stürzen. "Angesichts der Importe aus China entsprechen allein die China-Zölle einer gewaltigen Steuererhöhung von 400 Milliarden Dollar für US-Haushalte und Unternehmen", warnen sie.

Die Unsicherheit spiegelt sich auch im Rohstoffmarkt wider. Die Ölpreise sind auf mehr als Vierjahrestiefs gefallen, wobei US-Rohöl bei 57,30 Dollar und die Nordseesorte Brent bei 60,51 Dollar pro Barrel notieren – ein Rückgang von jeweils rund 4% innerhalb eines Tages. Diese Entwicklung unterstreicht die wachsende Besorgnis über die Aussichten für die globale Energienachfrage.

Auch die US-Energieinformationsbehörde (EIA) meldete einen Anstieg der kommerziellen Rohölbestände um 2,553 Millionen Barrel, wobei der Zuwachs geringer ausfiel als in der Vorwoche mit 6,165 Millionen Barrel. Dies könnte auf eine stärkere Nachfrage hindeuten, was grundsätzlich bullish für die Rohölpreise wäre – ein Signal, das jedoch von den Handelskriegssorgen überlagert wird.

Schwellenländer besonders gefährdet

Besonders hart trifft die Marktturbulenzen die sogenannten Frontier Markets, kleinere Schwellenländer, die von Investoren generell als risikoreicher eingestuft werden. Internationale Anleihen dieser Länder verzeichneten einen weiteren starken Einbruch, was Bedenken hinsichtlich ihrer künftigen Kreditaufnahmefähigkeit weckt.

Längerfristige, auf Dollar lautende Anleihen Pakistans fielen um rund 5 Cent und wurden nahe der 70-Cent-Schwelle gehandelt, bei der Schulden als notleidend gelten. Auch Sri Lanka und Nigeria sahen Kursrückgänge von 3,5-4,5 Cent, während ägyptische Anleihen um rund 2,5 Cent nachgaben.

"Es gibt Bedenken am Markt, dass Frontier Markets es in Zukunft schwieriger haben werden, externe Finanzierung aufzubringen, aufgrund der externen Marktentwicklungen und des möglicherweise anhaltenden Verlusts der Risikobereitschaft", erklärt Gergely Urmossy, Senior-Stratege für Frontier Markets bei der Societe Generale.

Ausblick: Verhandlungen oder Dauerkrise?

Die entscheidende Frage für die Märkte und Handelspartner ist, ob Präsident Trump für Verhandlungen offen ist oder die Zölle dauerhaft machen will. In jüngsten Äußerungen sagte Trump: "Zölle können dauerhaft sein, und wir können trotzdem verhandeln." Er hat wiederholt mit den Milliarden Dollar geprahlt, die durch die Zölle in die US-Staatskasse fließen.

Die EU hat ihre Vergeltungsmaßnahmen bereits genehmigt, die am 15. April in Kraft treten sollen. "Die EU betrachtet US-Zölle als ungerechtfertigt und schädlich, verursachen wirtschaftlichen Schaden für beide Seiten sowie für die Weltwirtschaft", erklärte die Europäische Kommission. "Die EU hat ihre klare Präferenz zum Ausdruck gebracht, verhandelte Lösungen mit den USA zu finden, die ausgewogen und für beide Seiten vorteilhaft wären."

Ein Hoffnungsschimmer: US-Finanzminister Scott Bessent wird voraussichtlich bald mit einer Delegation aus Japan zusammentreffen. Dies könnte ein Zeichen dafür sein, dass in der US-Administration kühlere Köpfe vorherrschen und einige frühe Abkommen angekündigt werden könnten.

Die weitere Entwicklung der globalen Märkte hängt nun maßgeblich davon ab, ob die Handelsspannungen deeskaliert werden können oder ob die Welt vor einer längeren Phase protektionistischer Politik steht. Die Anzeichen für letzteres mehren sich – mit potenziell weitreichenden Folgen für das globale Finanzsystem, wie wir es kennen.

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