Handelskriegsrisiken steigen: Zentralbanken und Arbeitsmärkte unter Druck

Neue US-Zollpolitik bedroht Konjunkturerholung, während Notenbanken zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsförderung balancieren müssen. Deutschland besonders gefährdet.

Die Kernpunkte:
  • Amerikas Importzölle gefährden Millionen Arbeitsplätze
  • Deutsche Arbeitslosigkeit steigt unerwartet stark
  • Notenbanken zwischen Inflations- und Wachstumssorgen
  • Edelmetalle profitieren von Unsicherheit

Die Weltwirtschaft steht am Ende des ersten Quartals 2025 vor wachsender Unsicherheit durch die eskalierende US-Handelspolitik. Während Zentralbanken weltweit Zinssenkungen vorbereiten, droht Donald Trumps angekündigte Zolloffensive die globale Konjunkturerholung zu gefährden. Der US-Präsident plant am 2. April – seinem selbsternannten „Liberation Day“ – umfassende „reziproke“ Zölle einzuführen, die besonders die europäische Wirtschaft treffen könnten.

Trumps Zollpolitik als globaler Risikofaktor

Die bereits angekündigten 25-Prozent-Zölle auf Automobilimporte, die ab 3. April gelten sollen, stellen nur den Anfang dar. Besonders alarmierend: Anders als während seiner ersten Amtszeit hat Trump diesmal keine Ausnahmen für Kanada und Mexiko vorgesehen. Kanadas Premierminister Mark Carney erklärte, die langjährige positive Wirtschaftsbeziehung mit den USA sei beendet, und kündigte maximale Vergeltungsmaßnahmen an.

Die Deutsche Bank warnt, dass breite Gegenzölle auf alle US-Exporte das BIP in der EU und Großbritannien um etwa 0,9% bzw. 0,6% reduzieren könnten. Besonders besorgniserregend: Bis zu 1,7 Millionen Arbeitsplätze in der EU könnten verloren gehen. Deutschland wäre mit schätzungsweise 400.000 Stellen am stärksten betroffen, gefolgt von Italien (240.000), Großbritannien (150.000), Frankreich (140.000) und Polen (100.000).

„Sollte diese Politik bestehen bleiben, sind die Folgen für das Verbrauchervertrauen und die Beschäftigung im Automobilsektor und darüber hinaus gravierend“, warnt Gaurav Ganguly, Direktor für Wirtschaftsforschung bei Moody’s Analytics.

Europäische Arbeitsmärkte zeigen bereits Schwächesignale

Die jüngsten Arbeitsmarktdaten aus Deutschland bestätigen die zunehmenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Im März stieg die Zahl der Arbeitslosen um 26.000 auf 2,92 Millionen – der stärkste Anstieg seit Oktober 2024 und deutlich höher als die von Analysten erwarteten 10.000. Die Arbeitslosenquote kletterte von 6,2% auf 6,3%.

„Der März markiert normalerweise den Beginn der sogenannten Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt. In diesem Jahr wird sie jedoch durch den wirtschaftlichen Abschwung spürbar gebremst“, erklärt Andrea Nahles, Leiterin der Bundesagentur für Arbeit. Deutschland, das nach zwei aufeinanderfolgenden Rückgangsjahren (2023 und 2024) weiterhin mit anhaltender Schwäche und strukturellen Herausforderungen in der Industrie kämpft, sieht sich nun mit zusätzlichem Gegenwind durch die US-Zölle konfrontiert.

Auch Großbritannien zeigt Anzeichen wirtschaftlicher Stagnation. Das BIP wuchs im vierten Quartal 2024 nur um 0,1%, wobei das Pro-Kopf-BIP um 0,1% zurückging – ein technischer Indikator für eine Rezession nach zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mit Rückgängen. Das Office for Budget Responsibility (OBR) hat seine BIP-Wachstumsprognose für 2025 von 2% auf nur noch 1% halbiert.

Zentralbanken navigieren zwischen Inflation und Wachstumsrisiken

In diesem komplexen Umfeld stehen Zentralbanken vor der schwierigen Aufgabe, zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsförderung zu balancieren. Die Bank of Japan (BoJ) erwägt laut Capital Economics eine weitere Zinserhöhung um 25 Basispunkte bei ihrer Mai-Sitzung, da die Inflation ohne frische Lebensmittel und Energie voraussichtlich in den kommenden Monaten auf 3% steigen könnte.

Auf der anderen Seite sieht die Bank of America (BofA) für die norwegische Zentralbank Spielraum für zwei Zinssenkungen im laufenden Jahr, voraussichtlich im September und Dezember. Bei schnellerer Inflationsabschwächung könnte sogar bereits im Juni eine Zinssenkung erfolgen, was den norwegischen Krone (NOK) jedoch nicht nachhaltig schwächen dürfte. Die Analysten prognostizieren zum Jahresende einen EUR-NOK-Kurs von 11,00 und USD-NOK von 9,57.

Für die Eurozone äußerte EZB-Vizepräsident Luis de Guindos trotz Sorgen über einen möglichen Handelskrieg mit den USA Zuversicht bezüglich der Inflationsentwicklung: „Wir haben gute Nachrichten bei der Inflation. Wenn es Zweifel am Wirtschaftswachstum gibt, so setzt sich der Disinflationsprozess fort. Wir sind überzeugt, dass wir in den nächsten Quartalen unser Ziel der Preisstabilität von 2% nachhaltig erreichen werden.“

Dieser Optimismus wird durch vorläufige Inflationsdaten aus Frankreich gestützt, wo die harmonisierte Inflationsrate im März mit 0,9% im Jahresvergleich niedriger als erwartet ausfiel. Sinkende Energiepreise kompensierten dabei steigende Kosten im Dienstleistungssektor.

Sichere Häfen gewinnen an Attraktivität

Die zunehmenden Handelssorgen treiben Anleger verstärkt in sichere Häfen. Gold erreichte in dieser Woche ein Rekordhoch, getrieben durch Trumps Zollankündigungen, geopolitische Spannungen zwischen Russland und der Ukraine sowie den zusammengebrochenen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas.

Auch die Ölpreise profitierten von der Unsicherheit und steuern auf die dritte Woche mit Kursgewinnen in Folge zu. Die Drohung der USA, Ländern Zölle aufzuerlegen, die venezolanisches Öl und Gas kaufen, sowie sinkende US-Rohölbestände treiben die Preise nach oben. Seit ihren Mehrmonatstiefs Anfang März sind die Ölkontrakte um mehr als 7% gestiegen.

Globale Machtverschiebungen im Hintergrund

Während westliche Volkswirtschaften mit Handelsspannungen ringen, baut China seine Beziehungen zu strategischen Partnern aus. Der chinesische Präsident Xi Jinping hat dem Interimspremier von Bangladesch, Muhammad Yunus, zugesagt, niedrigere Zinssätze für chinesische Kredite an Dhaka zu erwägen und chinesische Investitionen sowie die Verlagerung von Produktionsunternehmen nach Bangladesch zu fördern.

China ist mit einem jährlichen Handelsvolumen von 25 Milliarden Dollar bereits Bangladeschs größter Handelspartner, obwohl die Exporte Bangladeschs nach China trotz Nullzoll-Marktzugang für viele Produkte mit nur 1 Milliarde Dollar begrenzt bleiben. Die wachsende Beziehung zwischen Bangladesch und China bei gleichzeitiger Schwächung der Beziehungen zu Indien könnte das geopolitische Gleichgewicht in Südasien verändern.

Aussichten für die kommenden Monate

Die wirtschaftlichen Aussichten bleiben von enormer Unsicherheit geprägt. Trumps Handelsagenda könnte nicht nur die globale Konjunkturerholung gefährden, sondern auch neue Inflationsrisiken schaffen. Zentralbanken weltweit müssen ihre geldpolitischen Strategien möglicherweise anpassen, falls die Handelsspannungen zunehmen.

Besonders Europa steht vor schwierigen Zeiten, mit potenziell erheblichen Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt bereits deutliche Schwächesignale, und weitere Verschlechterungen könnten folgen, wenn die US-Zölle wie geplant umgesetzt werden.

Für Anleger bieten sichere Häfen wie Gold vorübergehenden Schutz, während die Währungsmärkte volatil bleiben dürften. Die norwegische Krone gehört mit ihrer bisherigen Performance als zweitbeste G10-Währung in diesem Jahr zu den wenigen Lichtblicken.

Die kommenden Wochen werden entscheidend sein, um das volle Ausmaß der US-Handelspolitik und die globalen wirtschaftlichen Auswirkungen besser einschätzen zu können. Der 2. April – Trumps selbsternannter „Liberation Day“ – könnte sich als Schicksalstag für die Weltkonjunktur erweisen.