Japan verzeichnet Produktionszuwachs inmitten US-Zollsorgen
Ein unerwarteter Aufschwung in der japanischen Fertigung kontrastiert mit schwacher Konsumnachfrage, während bedrohliche Handelsbarrieren aus den USA am Horizont lauern.

- Fabrikproduktion übertrifft Markterwartungen deutlich
- Binnennachfrage bleibt hinter Prognosen zurück
- US-Zollpläne gefährden Exportwirtschaft
- Notenbank bereitet geldpolitische Anpassungen vor
Die japanische Industrieproduktion ist im Februar unerwartet stark angestiegen, während gleichzeitig die Risiken durch drohende US-Handelszölle die wirtschaftlichen Aussichten eintrüben. Die Fabrikproduktion wuchs um 2,5 Prozent im Vergleich zum Vormonat und übertraf damit die Markterwartungen von 2,3 Prozent, wie das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie am Montag mitteilte.
Dieser Produktionsanstieg spiegelt eine gewisse Widerstandsfähigkeit der japanischen Exportwirtschaft wider, steht jedoch in starkem Kontrast zu den schwächelnden Einzelhandelsumsätzen. Diese stiegen lediglich um 1,4 Prozent im Jahresvergleich und blieben damit deutlich hinter den Prognosen von 2,0 Prozent zurück. Die Diskrepanz verdeutlicht die zunehmende Kluft zwischen der exportorientierten Industrieproduktion und der nachlassenden Binnennachfrage.
Produktionssteigerung vor drohender Zollwelle
Analysten führen den überraschend starken Anstieg der Industrieproduktion teilweise auf Vorzieheffekte zurück. Japanische Hersteller haben ihre Produktion offenbar hochgefahren, um Exporte vor dem Inkrafttreten neuer US-Zölle Anfang April vorzuziehen. „Die lokalen Hersteller haben die Produktion angekurbelt, um Exporte vor der Einführung hoher US-Handelszölle Anfang April vorzuziehen“, erklärte ein Marktbeobachter.
Besondere Sorge bereitet der japanischen Exportwirtschaft der 2. April 2025, den US-Präsident Donald Trump wiederholt als „Liberation Day“ (Befreiungstag) bezeichnet hat. An diesem Tag will die US-Regierung umfangreiche Gegenzölle gegen wichtige Handelspartner einführen. Nach Berichten des Wall Street Journal erwägt die Trump-Administration dabei deutlich aggressivere Maßnahmen als zunächst angenommen – möglicherweise globale Zölle von bis zu 20 Prozent, die alle US-Handelspartner treffen könnten.
Für Japan, dessen wichtige Automobil- und Elektronikindustrie stark vom US-Markt abhängt, könnte dies schwerwiegende Folgen haben. Trump hat bereits angekündigt, einen Zoll von 25 Prozent auf alle Automobilimporte zu erheben, was die japanischen Autohersteller besonders hart treffen würde.
Schwächelnder Konsum belastet Binnenwirtschaft
Während die Industrieproduktion zulegte, zeigen die enttäuschenden Einzelhandelsumsätze, dass die japanische Binnenwirtschaft unter Druck steht. Die Konsumausgaben haben sich deutlich verlangsamt – von 4,4 Prozent Wachstum im Januar auf nur noch 1,4 Prozent im Februar. Diese Entwicklung deutet darauf hin, dass die positiven Effekte der Lohnerhöhungen aus dem vergangenen Jahr allmählich nachlassen.
„Die anhaltende Inflation belastet die Kaufkraft und das Verbrauchervertrauen“, kommentiert ein Wirtschaftsexperte. Die Hoffnungen ruhen nun auf den laufenden Tarifverhandlungen im Frühjahr, die erneut zu deutlichen Lohnsteigerungen führen könnten. Ob diese ausreichen werden, um den privaten Konsum nachhaltig zu stärken, bleibt jedoch fraglich – insbesondere vor dem Hintergrund möglicher negativer Auswirkungen der US-Zollpolitik auf die japanische Exportwirtschaft.
Bank of Japan vor weiteren Normalisierungsschritten
Inmitten dieser wirtschaftlichen Unsicherheiten bereitet die Bank of Japan (BoJ) offenbar weitere Schritte zur Normalisierung ihrer Geldpolitik vor. Wie Analysten erwarten, könnte die Zentralbank in ihrem am Montag erscheinenden Anleihekaufplan für das zweite Quartal erstmals eine Reduzierung der Käufe von superlanglaufenden Staatsanleihen ankündigen.
„Ein solcher Schritt würde den Beginn einer vollständigen Reduzierung der BoJ-Käufe von superlanglaufenden Anleihen einläuten und einen Ausverkauf in diesem Segment auslösen“, erläutert Katsutoshi Inadome, leitender Stratege bei Sumitomo Mitsui Trust Asset Management.
Die BoJ besitzt derzeit Anleihen im Wert von rund 600 Billionen Yen – eine Summe, die etwa der Größe des japanischen Bruttoinlandsprodukts entspricht. Im Rahmen ihres quantitativen Straffungsprogramms (QT) hat die Zentralbank ihre monatlichen Anleihekäufe bereits reduziert und plant, diese bis März 2026 auf 3 Billionen Yen zu halbieren.
Nachdem die BoJ im vergangenen Jahr ihre Negativzinspolitik beendet und die Zinsobergrenze für Staatsanleihen aufgehoben hatte, erhöhte sie im Januar ihren kurzfristigen Leitzins auf 0,5 Prozent. Die Aussicht auf weitere Zinserhöhungen hat die Rendite 10-jähriger japanischer Staatsanleihen auf ein 15-Jahres-Hoch von 1,59 Prozent getrieben.
Globale wirtschaftliche Unsicherheiten nehmen zu
Die drohende Verschärfung der US-Handelspolitik wirft nicht nur Schatten auf die japanische Wirtschaft, sondern erhöht auch die Rezessionsrisiken in den USA selbst. Goldman Sachs hat die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession in den nächsten 12 Monaten von zuvor 20 Prozent auf 35 Prozent angehoben und verweist dabei ausdrücklich auf die Unsicherheiten durch die Handelspolitik sowie ein schwindendes Vertrauen bei Verbrauchern und Unternehmen.
Die Investmentbank rechnet nun mit einer durchschnittlichen US-Zollrate von 15 Prozent im Jahr 2025 und hat ihre BIP-Wachstumsprognose für die USA von 1,5 auf 1,0 Prozent gesenkt. Gleichzeitig erwartet Goldman Sachs einen Anstieg der Kernrate des persönlichen Konsumdeflators (PCE) – dem bevorzugten Inflationsmaß der US-Notenbank – auf 3,5 Prozent bis Ende 2025.
Diese zunehmenden wirtschaftlichen Unsicherheiten wirken sich auch auf Großbritannien aus, wo Unternehmen gespannt auf die angekündigten US-Zölle warten. Trotz dieser globalen Spannungen zeigt eine Umfrage der Lloyds Bank, dass die britische Geschäftszuversicht im März unverändert bei 49 Prozent blieb – dem höchsten Stand seit sechs Monaten. Besonders optimistisch zeigten sich die Einzelhändler, während die Stimmung im verarbeitenden Gewerbe deutlich einbrach.
Ausblick: Handelsspannungen und politische Weichenstellungen
Für die kommenden Monate zeichnen sich erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen ab. Die von Trump angekündigten Zollmaßnahmen könnten globale Lieferketten empfindlich stören und insbesondere exportorientierte Volkswirtschaften wie Japan belasten. Zugleich drohen höhere Zölle die Inflation anzuheizen und könnten Zentralbanken zwingen, ihre Geldpolitik restriktiver zu gestalten als bisher geplant.
In den USA selbst könnte die aggressive Handelspolitik auf innenpolitische Hindernisse stoßen. Der republikanische Senator Ron Johnson machte am Sonntag deutlich, dass Trumps Steuer- und Einwanderungsagenda im Senat keine Fortschritte erzielen werde, solange der Präsident und die republikanische Führung nicht einer drastischen Kürzung der Staatsausgaben zustimmen. Johnson fordert eine Rückkehr zum Ausgabenniveau von 2019 – was einer Reduzierung um mehr als 2,5 Billionen Dollar vom aktuellen Niveau entspräche.
Für Japan bleibt die wirtschaftliche Lage fragil. Während die Industrieproduktion kurzfristig von Vorzieheffekten profitiert, könnte der schwächelnde Binnenkonsum in Kombination mit den drohenden US-Zöllen die Erholungsaussichten eintrüben. Die Bank of Japan steht dabei vor der schwierigen Aufgabe, ihre Geldpolitik weiter zu normalisieren, ohne die wirtschaftliche Erholung zu gefährden.