Kanadas Arbeitsmarkt stagniert – Unsicherheit um US-Zölle belastet
Die Beschäftigungszahlen Kanadas stagnieren im Februar mit nur 1.100 neuen Stellen. Handelsstreitigkeiten und demografische Faktoren belasten die Konjunktur.

- Arbeitslosenquote verharrt bei 6,6 Prozent
- Zentralbank erwägt siebte Zinssenkung
- Stundenlöhne steigen auf 4,0 Prozent
- Industrieauslastung leicht verbessert
Die kanadische Wirtschaft zeigt deutliche Anzeichen von Stagnation, während gleichzeitig die globalen Märkte von handelspolitischen Spannungen geprägt sind. Aktuelle Daten von Statistics Canada zeigen, dass der kanadische Arbeitsmarkt im Februar 2025 kaum Bewegung verzeichnete – die Arbeitslosenquote verharrte bei 6,6 Prozent und lediglich 1.100 neue Stellen wurden geschaffen. Dies steht in starkem Kontrast zu den 76.000 neuen Arbeitsplätzen im Januar und den insgesamt 211.000 Stellen, die in den drei Monaten zuvor entstanden sind.
Handelsstreit mit den USA belastet kanadische Wirtschaftsaussichten
Die Unsicherheit rund um mögliche US-Zölle nimmt mittlerweile spürbaren Einfluss auf die Einstellungsentscheidungen kanadischer Unternehmen. US-Präsident Donald Trump hatte seine Entscheidung, einen 25-prozentigen Zoll auf nahezu alle kanadischen Importe zu erheben, für einen Monat zurückgenommen – jedoch nur für Produkte, die unter das USMCA-Freihandelsabkommen fallen. Diese Ungewissheit belastet die kanadische Wirtschaft und könnte den Arbeitsmarkt weiter verschlechtern, falls tatsächlich Zölle eingeführt werden.
Die Spannungen im Handelsbereich sind kein isoliertes Phänomen. In den USA verzeichneten Aktienanlegerfonds in der Woche bis zum 5. März den größten wöchentlichen Abfluss seit vier Wochen, getrieben durch einen Ausverkauf im Technologiesektor und zunehmende Sorgen über einen Handelskrieg. Präsident Trump verhängte bereits empfindliche Zölle auf Importe aus Kanada, Mexiko und China.
Bank of Canada unter Druck – Zinssenkung erwartet
Die schwachen Arbeitsmarktdaten sind die letzte wichtige Wirtschaftsveröffentlichung vor der Zinsentscheidung der Bank of Canada am 12. März. Die Swap-Märkte preisen eine 73-prozentige Wahrscheinlichkeit ein, dass die Zentralbank den Leitzins zum siebten Mal in Folge senken und auf 2,75 Prozent reduzieren wird.
Die kanadische Arbeitslosigkeit hatte sich seit Ende letzten Jahres nach einem Höchststand von 6,9 Prozent im November verbessert, als die Zinssätze sanken, die Inflation in den Zielkorridor der Bank of Canada zwischen 1 und 3 Prozent zurückkehrte und die Wirtschaftsaktivität anzog. Die jüngste Stagnation könnte diesen positiven Trend jedoch wieder umkehren.
Bemerkenswert ist, dass das durchschnittliche Stundenlohnwachstum für Festangestellte im Februar auf eine Jahresrate von 4,0 Prozent anstieg, verglichen mit 3,7 Prozent im Januar. Diese Kennzahl wird von der Bank of Canada genau beobachtet und gehört zusammen mit den Mietpreisen zu den widerstandsfähigsten Faktoren, die sich der allgemeinen Inflationsabschwächung entziehen.
Kapazitätsauslastung steigt leicht an
Trotz der Arbeitsmarktprobleme zeigen andere Wirtschaftsindikatoren ein etwas positiveres Bild. Die Kapazitätsauslastung der kanadischen Industrie stieg im vierten Quartal 2024 auf 79,8 Prozent, verglichen mit den nach oben korrigierten 79,4 Prozent im dritten Quartal. Dieser Anstieg ist hauptsächlich auf Wachstum im Bausektor sowie in der Erdöl- und Kohleproduktindustrie zurückzuführen.
Die Diskrepanz zwischen steigender Kapazitätsauslastung und stagnierendem Arbeitsmarkt könnte auf eine zunehmende Automatisierung und Effizienzsteigerungen in der kanadischen Industrie hindeuten, wodurch mehr Produktion mit gleichbleibender oder sogar reduzierter Belegschaft erzielt werden kann.
Demografische Herausforderungen und Einwanderungspolitik
Die demografische Entwicklung Kanadas spielt ebenfalls eine wichtige Rolle für den Arbeitsmarkt. Das Wachstum der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, also der Personen ab 15 Jahren, hat sich in den letzten Monaten verlangsamt. Im Februar betrug es 47.000 Menschen oder 0,1 Prozent – weniger als die Hälfte des Werts von vor zwölf Monaten und das langsamste Wachstum seit April 2022.
Diese Verlangsamung ist eine direkte Folge der Einwanderungsbeschränkungen, die Premierminister Justin Trudeau unter dem Druck eingeführt hat, die Erschwinglichkeitskrise im Land zu bekämpfen. Die Erwerbsquote – der Anteil der Bevölkerung, der beschäftigt ist oder Arbeit sucht – sank im Februar auf 65,3 Prozent, was den ersten Rückgang seit September 2024 darstellt.
Gleichzeitig schrumpfte die Erwerbsbevölkerung, also die Gesamtzahl der Beschäftigten und Arbeitslosen, um 16.800 Personen – der stärkste Rückgang seit Juni 2022. Diese demografischen Veränderungen könnten langfristige Auswirkungen auf die kanadische Wirtschaft haben, indem sie den bereits bestehenden Fachkräftemangel in einigen Sektoren verschärfen.
Globaler Kontext: US-Arbeitsmarktdaten und Energiepolitik
Die wirtschaftliche Lage in Kanada steht in engem Zusammenhang mit Entwicklungen südlich der Grenze. In den USA stiegen die Futures-Märkte am Freitag, nachdem Daten zeigten, dass die US-Wirtschaft im Februar 151.000 Arbeitsplätze geschaffen hatte – etwas weniger als die von Ökonomen erwarteten 160.000. Die US-Arbeitslosenquote lag bei 4,1 Prozent, verglichen mit einer Prognose von 4,0 Prozent.
Die durchschnittlichen monatlichen Verdienste in den USA stiegen im Vormonat um 0,3 Prozent, was den Erwartungen entsprach. Diese Daten geben wichtige Hinweise auf die Gesundheit der größten Volkswirtschaft der Welt und haben direkte Auswirkungen auf die kanadische Wirtschaft aufgrund der engen Handelsbeziehungen zwischen den beiden Ländern.
Unterdessen plant US-Energieminister Chris Wright, bis zu 20 Milliarden Dollar zu beantragen, um Präsident Trumps Ziel zu erreichen, die erschöpften strategischen Ölreserven des Landes wieder auf ihre maximale Kapazität aufzufüllen. Trump hatte die Regierung seines Vorgängers Joe Biden scharf kritisiert, weil diese die Reserven angezapft hatte, um die Benzinpreise zu senken. Diese energiepolitische Wende der USA könnte Auswirkungen auf die ressourcenreiche kanadische Wirtschaft haben.
Ausblick für die kanadische Wirtschaft
Die kommenden Monate werden entscheidend für Kanadas wirtschaftliche Erholung sein. Die bevorstehende Zinsentscheidung der Bank of Canada, die weitere Entwicklung der handelspolitischen Beziehungen zu den USA und die Effektivität der eingeführten Einwanderungsbeschränkungen werden maßgeblich beeinflussen, ob sich der Arbeitsmarkt wieder erholt oder weiter stagniert.
Für exportorientierte Unternehmen in Kanada steht viel auf dem Spiel, da die Unsicherheit über mögliche US-Zölle Investitions- und Expansionspläne hemmt. Die leichte Verbesserung der industriellen Kapazitätsauslastung bietet jedoch einen Hoffnungsschimmer, dass die Grundlagen der kanadischen Wirtschaft trotz der Herausforderungen stabil bleiben könnten.
Die demografischen Veränderungen in Kombination mit der restriktiveren Einwanderungspolitik könnten langfristig zu einem angespannteren Arbeitsmarkt führen, was wiederum Lohndruck erzeugen und die Inflationsbekämpfung erschweren könnte. Die Bank of Canada steht somit vor der schwierigen Aufgabe, die richtigen geldpolitischen Entscheidungen zu treffen, um sowohl das Wirtschaftswachstum zu fördern als auch die Inflation unter Kontrolle zu halten.