Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Continental, Levi Strauss, United Airlines und anderen US-Airlines, AT&T und Netflix
Guten Abend,
so, die Technologiegiganten rücken also wieder in den Fokus der Regulierungsbehörden. Big Tech, wie es so schön heißt, könnte mittlerweile einen Punkt erreicht haben, wo es nicht heißt „too big to fail“ sondern„too big to survive“. Wir sollten diese Bewegung nicht unterschätzen.
Bekanntlich hat die Pandemie die Kluft zwischen denjenigen, die haben und denjenigen, die nicht haben, größer werden lassen. Eine heute von der Schweizer Bank UBS und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC veröffentlichte Studie mit dem Titel „Riding the Storm“ ergab, dass das weltweite Vermögen der Milliardäre zwischen April und Juli dieses Jahres von 8 Billionen Dollar Anfang April auf 10,2 Billionen Dollar gestiegen ist. Dies spiegelte eine Vermögenssteigerung von 27,5% wider und übertraf den vorherigen Höchststand von 8,9 Billionen Dollar, der Ende 2017 verzeichnet wurde. Die Zahl der Milliardäre weltweit erreichte ebenfalls einen neuen Höchststand von 2.189 gegenüber dem vorherigen Rekord von 2.158 im Jahr 2017. UBS und PwC gaben an, dass der Bericht mehr als 2.000 Milliardäre aus 43 Märkten weltweit abdeckte und rund 98% des gesamten Milliardärsvermögens ausmachte.
Im gleichen Atemzug hat sich auch das Vermögen bzw. die Marktkapitalisierung der großen Tech-Giganten immer weiter zugespitzt. Gut möglich, dass FAANG und Co. einen kritischen Punkt erreicht haben.
Denn tatsächlich haben die Giganten mittlerweile einen Status erreicht, der dem von langfristigen Anleihen etwa gleichkommt. Stabile Performance, kontinuierliches Wachstum und anhaltende Gewinnentwicklung sind Faktoren, welche Kapital alleine aus diesen Gründen anziehen. Es sind die Merkmale von Langfristanleihen: geradlinige Kursentwicklung und regelmäßiger Zins. Die Verlässlichkeit der Riesen wird zum Kapitalmagnet und somit zu einem Politikum. Wer die amerikanische Wirtschaftsgeschichte kennt, der weiß, dass es immer wieder zu Situationen gekommen ist, wo die Regulierungsbehörden Unternehmen aufgespalten haben, welche schlicht und einfach zu groß geworden sind. Dabei geht es nicht um sozialistisches Gedankengut, sondern einfach um Fair Play. Wer zu groß ist, gehört gestutzt, damit die kleineren weiterhin Chancen haben. Amerika liebt zwar seine Milliardäre, aber auch hier gibt es Grenzen.
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Wie konkret diese Diskussionen und Gedankenspiele derzeit sind, lässt sich nur vermuten, aber es bedeutet, dass möglicherweise die betroffenen Lieblinge an Grenzen stoßen, wo weitere Kursavancen nur schwer vorstellbar sind. Denn wenn die Aussicht besteht, dass einzelne Unternehmen aufgespalten werden sollen durch einen politischen Willen, dann werden in diese Aktien wohl kaum größere Kapitalflüsse stattfinden. Noch ist es nicht soweit, aber der Umstand, dass Washington darüber ernsthaft diskutiert, sollte weiterhin beobachtet werden.
Es ist ein weiterer Baustein in der etwas diffusen Lage dieses Herbstes. Was für mich bedeutet, dass es in den kommenden Monaten sehr wichtig sein wird, einzelne Storys zu entdecken, anstatt auf das Gesamtbild zu achten.
Die aktuelle Lage:
DAX: Das Hickhack um die fiskalischen Hilfen für die US Wirtschaft irritiert natürlich auch das deutsche Parkett. Mal Hü, mal Hott und somit bleibt die technische Lage weiterhin unverändert. Zudem gab es heute einen kleinen Dämpfer aus der deutschen Wirtschaft: die Unternehmen drosselten ihre Produktion im August auf +0,2% überraschend nach zuvor drei Anstiegen in Folge. Am Markt wurde mit einem Wachstum von 1,5 % gerechnet nach 1,4 % im Juli. Das ist nicht viel, zeigt aber, dass die Erholungskurve sich überall etwas abgeflacht. Für die Charttechniker: Derzeit hängt der DAX im Bereich der 50-Tages-Durchschnittslinie fest, die aktuell bei 12.887 Punkten liegt. Hier verläuft sozusagen der mittelfristige Trend, aber dies dient nur als Orientierung und nicht als Trendindikation.
Wall Street: Sorgte Donald gestern noch für Enttäuschung, weil er das Konjunkturpaket auf Eis gelegt hatte, hält er es heute umgekehrt und sorgt für bessere Stimmung, insbesondere bei den Airlines. In einem seiner Tweets macht er sich für eine sofortige Unterstützung in Höhe von 25 Milliarden Dollar für die Lohnfortzahlung stark sowie weitere 135 Milliarden Dollar für Kleinunternehmen. Zudem kündigte er an, er sei bereit, weitere Schecks in Höhe von 1.200 Dollar/Bürger an die amerikanische Bevölkerung zu verteilen. Eins muss man ihm lassen: er spielt die Klaviatur des Wahlkamp-Stimmungsbildes hervorragend. Ich werde den Eindruck nicht los ,dass er buchstäblich Spaß daran hat, die Märkte via Twitter in die eine oder andere Richtung zu bewegen, je nachdem, auf welchem Fuß er morgens aufgestanden ist. Man stelle sich vor, Angela Merkel hätte hierzulande eine ähnliche Wirkung!
Heute auf der Agenda:
Continental plant im Zuge des Sparprogramms auch den Verkauf von Unternehmensteilen. Im Fokus stehen dabei bestimmte Einheiten des Automotive-Geschäfts, einschließlich Teile der Antriebssparte Vitesco Technologies. Auch sind entsprechende Schritte in der Industriesparte Contitech nicht ausgeschlossen, während das Reifengeschäft nicht betroffen sein soll. Neben dem Wegfall von 30.000 Stellen zählen auch Umschulungen von Mitarbeitern und Verlagerungen von Jobs dazu. Das der Konzern dies noch ein weiteres Mal ausweiten muss, ist aus Sicht von CEO Degenhart unwahrscheinlich. Continental – nach Bosch der weltweit zweitgrößte Autozulieferer – baut die Strukturen in Richtung Elektronik, Sensorik, E-Mobilität und Software um. Die Börse urteilt wie immer: wenn an Personal gespart wird, steigen die Kurse. Break aus der Seitwärtsbewegung ist ein Kaufsignal mit vorläufigem Kursziel 130 Euro.
Kurz von der Wall Street:
Levi Strauss meldete einen Quartalsgewinn von 8 Cent pro Aktie, verglichen mit den Erwartungen eines Verlusts von 22 Cent pro Aktie. Die Einnahmen des Jeans-Herstellers übertrafen auch die Prognosen der Wall Street, was durch einen Anstieg der Online-Verkäufe um 52% unterstützt wurde. Fast hätte es gereicht, um das Hoch vom Juni zu knacken, aber das wird schon noch! Gute Aktie, wird 2021 einer meiner Favoriten, denn Jeans gehen immer in konjunkturellen Erholungsphasen
United Airlines, American Airlines, Delta Air Lines, Southwest – diese und andere Aktien von Fluggesellschaften können von der Forderung Donalds nach Hilfe für die Luftfahrtindustrie profitieren. JetBlue profitierte zudem aufgrund einer optimistischen längerfristigen Prognose von einem doppelten Upgrade durch J.P. Morgan Securities auf „Overweight“ von „Underweight“. Sicher ein guter Tag für die Airlines, aber der Weg ist lang! Hier besteht keine Eile, aber ich bleibe dabei: 2021 wird es etwas!
AT&T – Laut einer Quelle, die mit der New York Post gesprochen hat, treibt AT & T eine Auktion seiner DirecTV-Einheit trotz niedrigerer als erwarteter Gebote voran. In der ersten Gebotsrunde soll die Einheit einen Wert von deutlich unter 20 Milliarden Dollar haben, verglichen mit den 49 Milliarden Dollar, die AT&T vor fünf Jahren gezahlt hatte. Kein schlechter Deal, denke ich. Für einen Kauf ist es aber noch viel zu früh! Abwarten, denn mir fehlt hier irgendwie die Story.
Pivotal Research erhöhte das Kursziel für Netflix auf 650 Dollar, basierend auf der Beschleunigung der Trends und der Ansicht, dass Netflix wahrscheinlich der dominierende Global Player im Streaming-Video-on-Demand bleiben wird. Wird? Ist! Netflix ist dort, wo alle hinwollen! Konsolidierung auf Top-Niveau beweist relative Stärke. Bei Break ein Kauf!
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