Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Nikola und Nel ASA, Grenke, Oracle, Illumina, Shell, Carnival, Royal Carribean und Norwegean Cruise

Guten Abend,

war der August eher langweilig und nachrichtenarm, hat es der September schon in sich. Insbesondere bei den Börsenlieblingen überschlagen sich die Meldungen und für den Herbst wird es wohl sehr wichtig sein, hier klar zu differenzieren.

Die Nachricht, dass der Nikola-Chef seinen Stuhl räumt, sagt schon einiges über die Verfassung der Highflyer aus. Mal abgesehen von der Meldung und deren Ursache wird hier eines deutlich, nämlich das Gezerre zwischen gehypter Stimmung, Fragen der Bewertung und der Machbarkeit der einzelnen Konzepte, sowie den unterschiedlichen Spekulationen auf steigende oder fallende Kurse.

Im Falle Nikola heißt das: Die Story und das Geschäftsmodell sind sicherlich überzeugend, zukunftsweisend, spannend und fantasieanregend. Aber auf der anderen Seite steht eben auch die Frage um ein professionelles Management, einen klaren realisierbaren Businessplan und einer gesicherten Finanzierung. Bei Nikola klafft zwischen diesen beiden Seiten eine erhebliche Lücke und diese wird gerade durch die Kursanpassung geschlossen.

Was tatsächlich hinter den Kulissen zwischen Nikola und General Motors abgesprochen und entschieden wurde, bleibt uns im Verborgenen, aber auch das belegt nur, dass das Thema an sich als zu wichtig angesehen wird, als dass man es wilden Spekulationen überlässt. Immerhin geht es um die Rettung des Klimas! Das sollten wir alle an dieser Stelle nicht vergessen. Ein Kauf? Nicht in diesem Korrekturumfeld! Warten wir noch ein wenig ab, denn ich bin der Auffassung, dass der Markt konkretes erwartet. Außerdem ist die Bewertung unverändert jenseits von Gut und Böse.

Diesseits des Atlantiks spielt sich das in ähnlicher Form bei Grenke Leasing ab. Nun soll also eine Sonderprüfung durch KPMG erfolgen. Unglaublich, oder? Genauso ging es damals doch bei Wiredreck los. Eine Sonderprüfung nach der anderen wurde durch den Vorstand in Auftrag gegeben, mit dem Ergebnis, dass alles immer nur noch schlimmer wurde. Ob das bei Grenke auch der Fall ist, lasse ich an dieser Stelle offen, glaube es auch nicht, aber es bleibt nun einmal dabei: Seit Wiredreck ist das Vertrauen angeknackst und das an sich ist schon ein Armutszeugnis für den deutschen Kapitalmarkt.

Was tue ich also bei Grenke? Letzte Woche hatte ich ja angekündigt, bei Kursen um 20 Euro in Position zu gehen, Kurs aktuell 32 Euro. Wie immer es ist hier sinnvoll, auf eine Art Boden zu warten, ehe zugegriffen werden kann. Keine Sorge, Eile besteht nicht, denn auch Grenke muss jetzt einiges an Dokumentation vorweisen, damit der Kapitalmarkt erkennt, dass die Shortseller nur eigene Interessen verfolgt haben. Gelingt dies, entsteht hier eine 100%-Chance, vielleicht noch per Weihnachten, aber wie gesagt, Geduld!

Fazit zum Wochenanfang: Der Konsolidierungsmodus der Börsen hält an, wir haben also noch Zeit, um uns die richtigen Aktien für den Herbst und Winter auszusuchen.

Die aktuelle Lage:

DAX: Bislang konnte sich Frankfurt von dem Druck einer Konsolidierung seitens der Wall Street lösen. Mit dem heutigen Tag sieht das etwas anders aus, denn der DAX fällt (wie es eigentlich auch üblich ist) etwas stärker als die Amerikaner. Einen konkreten Anlass gibt es zwar nicht (steigenden Infektionszahlen und Angst vor lokalen Lockdowns sind nur vorgeschoben), muss es aber auch nicht. Vor dem Hintergrund der bisherigen Kursgewinne einerseits und der instabilen internationalen Nachrichtenlage überrascht es nicht, wenn auch hier einmal Kasse gemacht wird. Psychologische Grenzen wie die 13.000 Punkte spielen für mich keine Rolle. Was interessiert es mich, wie andere Anleger eine einfache Zahl interpretieren! Wenn ich erkenne, dass alle verkauft haben, die verkaufen wollten ist der Zeitpunkt gekommen, wieder auf steigende Kurse zu setzen. Das ist noch nicht der Fall.

Wall Street: Es wird immer deutlicher, wie die rasanten Kursbewegungen erst nach oben und nun nach unten zustande gekommen sind. Neueste Daten aus dem Umfeld der Trading Plattform Robinhood zeigen einmal mehr, wie eng die Korrelation zwischen steigender Nutzerzahl und Kursverlauf in den Indices, insbesondere im S&P 500, ausfällt. Das bedeutet aber auch, dass alles, was eben früher rasant gestiegen ist, nun auch wieder rasant unter Druck geraten kann. Ich bleibe also dabei: Der Nasdaq wird für mich erst wieder bei ca. 10.000 Punkten Indexstand interessant. Meine Erwartung ist, dass dann auch die Technologie-Lieblinge wieder ein Niveau erreicht haben, wo ich guten Gewissens zugreifen kann.

Heute auf der Agenda:

Das Chaos um Nikola zieht weite Kreise. Auch der Partner Nel ASA ist direkt und indirekt davon betroffen und dementsprechend fällt auch der Aktienkurs heute zweistellig. Die Gründe sind offensichtlich: Nel gilt als Partner bzw. potentieller Zulieferer für die geplante Wasserstoffinfrastruktur von Nikola einerseits, andererseits ist Nel auch direkt bei Nikola mit einer Beteiligung im Risiko.

Letzteres wiegt nicht so schwer wie die Frage, ob das Drama um Nikola möglicherweise den eingepreisten Goodwill bei Nel in Luft auflöst. Bislang war das alles eine geschlossene Strategie bzw. Perspektive, jetzt aber fällt möglicherweise ein Baustein aus dieser Rechnung heraus. Damit ist natürlich nicht infrage gestellt, wie es um Nel ASA grundsätzlich bestellt ist, aber es zeigt sich, das auch hier eine Sondierung stattfindet.

Ist Nel auf diesem Schreckkurs ein Kauf? Eigentlich juckt es mich schon in den Fingern, allein schon aufgrund der augenblicklichen Charttechnik (siehe Grafik). Bei 15 NOK verlief seinerzeit ein technisches Kaufsignal, welches nun wieder in Frage gestellt ist. Je länger sich die Fragezeichen über die Zukunftsaussichten von Nikola aufhalten, desto mehr steht auch der Kurs von Nel unter Druck. Ich schätze mal, es ist hier sinnvoll in Schritten zu agieren: Hält die Linie bei 15 NOK, kann schon mal mit einer Anfangsposition gekauft werden. Ich schließe aber nicht aus, dass wir auch 11 NOK oder weniger sehen können – in dem Fall würde ich dann mit hoher Wahrscheinlichkeit zugreifen, denn dann reden wir von einem Abschlag von über 50 %, also schon Crashniveau. Ja, so schaut es eben aus, wenn sich Träume und Erwartungen plötzlich in Luft auflösen.

Kurz von der Wall Street:

Carnival, Royal Caribbean und Norwegian Cruise Line – Ein Gremium der Kreuzfahrtindustrie hat seine Vorschläge für verbesserte Gesundheitsprotokolle bei den Centers for Disease Control eingereicht, um eine vollständige Rückkehr zur normalen Kreuzfahrten zu erreichen. Die Vorschläge umfassen das Testen von Gästen und Besatzungsmitgliedern, die Verwendung von Masken und verbesserte Hygieneverfahren.  Jeder Schritt und jede Maßnahme zählt und daher ist auch dies für mich nur ein weiterer Baustein in Richtung „Turnaround-2021“. Schwache Wochen sind Kaufwochen!

Illumina, Hersteller von Gensequenzierungstechnologie, wird Grail – Entwickler eines Tests zur Früherkennung von Krebs – für 8 Milliarden Dollar in bar und in Aktien kaufen. Illumina gründete Grail im Jahr 2016 und besitzt bereits einen großen Anteil. Die 8 Milliarden Dollar beinhalten eine Gegenleistung, die sich im Wesentlichen als Grail-Stakeholder auszahlt. Also sozusagen eine Investition in die eigene Investition. Mir hat Illumina immer gefallen, aber so etwas kommt an der Börse in diesem Umfeld nicht gut. Nicht ausgeschlossen, dass wir im Zuge der Korrektur hier noch einmal nah an die März-Kurse kommen! Dann würde ich kaufen.

Oracle wird 12,5% an der neu geschaffenen TikTok Global übernehmen, Walmart 7,5%. TikTok Global wird ein US-amerikanisches Unternehmen sein, das die meisten globalen Aktivitäten der beliebten App kontrollieren wird. Was für ein Gerangel um tanzende Teenager, Koch-, und Sportvideos! Na egal, Hauptsache das Thema verschwindet vom Verhandlungstisch zwischen den USA und China, denn ich will einfach nicht glauben und nicht verstehen, wie so eine Plattform zu einem geopolitischen Thema wird! Ich weiß auch nicht so richtig, was Oracle und Walmart hier planen, aber jeder für sich bleibt ungeachtet dessen noch ein Kauf.

Royal Dutch Shell – Der Energieproduzent versucht laut einem Reuters-Bericht, die Kosten für die Öl- und Gasförderung um bis zu 40% zu senken. Die Überprüfung der Kostensenkung wird voraussichtlich in diesem Jahr abgeschlossen sein. Wenn es ein Zeichen dafür gibt, das sich die Ära des Öls dem Ende nähert, dann ist es der Chart von Royal Dutch Shell. Da ist nichts royales mehr zu erkennen und jeder, der noch immer daran festhält, gehört auf die Couch! Der Beleg:

Elon Musk, CEO von Tesla, teilte seinen Mitarbeitern mit, das Unternehmen habe laut Electrek die Chance, im dritten Quartal eine Rekordzahl an Fahrzeugen auszuliefern. Alles klar, oder?

 

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