Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Siemens Healthineers, HeidelbergCement, Clorox, Estee Lauder, Marathon Petroleum und Waste Management
Guten Abend,
nur noch wenige Stunden und dann geht es los: High Noon in den gesamten Vereinigten Staaten, nicht nur auf der Main Street, sondern auch an der Wall Street. Kaum eine Wahl dürfte die Gemüter der Amerikaner so sehr bewegen wie diese Wahl und tatsächlich heißt es selten wie nie: Open End!
Im Vorfeld dieses Ereignisses geben sich Bullen und Bären jeweils die Klinke in die Hand. Vorige Woche haben noch ein paar Angsthasen schnell die Reißleine gezogen, heute gibt es schon die erste Reaktion nach oben. Erstaunlich, denn wer den Nachrichten zuhört, gewinnt schnell den Eindruck, als stünden die USA kurz vor einem Bürgerkrieg! Das ist natürlich maßlos übertrieben und den sensationsheischenden Medien geschuldet, aber im Kern ist da schon etwas dran. Als alter Amerika-Kenner bin auch ich überrascht, wie sehr sich das Land in den Jahren unter Trump hat spalten lassen. Und auch der „Spiegel“ bringt es in dieser Woche in einer größeren Story auf den Punkt: Trump Forever!
Gemeint ist: Das Land hat so tiefe Risse, dass es vermutlich viele Jahre dauern wird, ehe die unterschiedlichen Bevölkerungsschichten die politischen Gräben zuschütten und sich wieder ein Gefühl der Einigkeit entwickelt. Es ist wirklich traurig, denn seit dem Bürgerkrieg während der Jahre 1861-1865 haben die Amerikaner es immer wieder geschafft, sich in Krisenzeiten als ein Volk zu präsentieren. Doch die sozialen Gräben haben sich leider vertieft und es bedarf möglicherweise einer Art politischer Kulturrevolution, um das Land ins 21. Jahrhundert zu hieven. Davon ist derzeit allerdings nicht viel zu sehen, aber ich bleibe optimistisch. Denn die Amerikaner sind Stehaufmännchen und auch aus dieser nationalen Krise werden sie sich erholen, vermutlich sogar gestärkt.
Doch bis dahin wird noch viel Wasser den Potomac hinunterfließen und diese Sicht der Dinge hilft uns auch nicht in unseren täglichen Investitionsentscheidungen. Wichtig für den Moment ist, die Börse ist weit weniger schreckhaft als ich es vermutet hatte und sollte sich dies in den kommenden Tagen nach der Wahl fortsetzen, ist das ein ermutigendes Zeichen. Denn eins ist sicher: Sollte es ein enges Wahlergebnis geben, wird es noch einige Wochen dauern, ehe der neue Präsident festgestellt werden kann. Und diese Wochen gilt es buchstäblich zu ertragen.
Die aktuelle Lage:
DAX: Die Talfahrt der Vorwoche hat sich nicht beschleunigt. Das ist ein sehr ermutigendes Zeichen, denn es bedeutet, dass über das Wochenende niemand die Nerven verloren hat. Es gab andere Umstände, da ist genau das Gegenteil passiert: dem schwachen Wochenverlauf folgte am Montag der Ausverkauf. Dass das heute nicht der Fall ist,, könnte ein Beleg dafür sein dass politische Börsen wieder einmal tatsächlich kurze Beine haben. Ich erwarte also, dass sich die technische Erholung auch morgen wieder fortsetzt, ehe es, je nach Wahlergebnis, wieder etwas unstet werden kann. Bin ich also schon auf der Kaufseite? Nein. Erstens weil ich es nicht eilig habe und zweitens, weil ich gar nicht die Ambition habe, immer den optimalen Tiefstkurs zu erwischen. Mir geht es um den Trend.
Wall Street: Tagesbewegungen haben unter den gegebenen Umständen wenig Aussagekraft. Entscheidend ist auch hier die generelle Tendenz und die ist (noch) neutral. Zwar verlaufen die Indices auch hier eher positiv, aber für eine endgültige Aussage ist es noch zu früh. Zudem bleibe ich dabei: Ungeachtet der Frage, ob nun Joe oder Donald das Weiße Haus besetzen, werden die unterschiedlichen Sektoren ihre Trends fortsetzen können. Das einzige was dies stören könnte, wäre tatsächlich eine Eskalation der Gewalt oder ein Bürgerkrieg. Und den sehe ich gegenwärtig nicht.
Heute auf der Agenda:
Siemens Healthineers peilt wieder Wachstum an. Der Umsatz des Medizintechnikkonzerns soll auf vergleichbarer Basis um 5 bis 8 % zulegen nachdem er 2019/20 bei 14,5 Milliarden Euro vergleichbar stabil geblieben war. Das bereinigte Ergebnis je Aktie sieht Healthineers in der Spanne zwischen 1,58 bis 1,72 Euro, nach 1,61 Euro im Vorjahr. In der Prognose ist allerdings die Übernahme des US-Krebsspezialisten Varian noch nicht enthalten. Der Konzern will für das gesamte Geschäftsjahr eine unveränderte Dividende von 0,80 Euro zahlen. Solange sich der Kurs oberhalb von 36 Euro hält, ist die Welt völlig in Ordnung, vor allem weil die Story noch immer intakt ist und ausreichend Fantasie offenlässt. Hält die genannte Basis, kann es bis Weihnachten bis 44 Euro gehen.
Am Donnerstag legt HeidelbergCement die Zahlen für das dritte Quartal 2020 vor, doch schon heute legt der Kurs zu. Wittert das Parkett hier etwas? Nach einem Milliardenverlust wegen hoher Abschreibungen im zweiten Jahresviertel hatte das Ergebnis im Juli und August ja schon deutlich über den jeweiligen Vorjahresmonaten gelegen, gesunkenen Kosten und stabilen Preisen sei Dank. Aktuell will der Konzern die operative Marge durch Verbesserungen der Prozesse und Strukturen in Vertrieb, Produktion und Verwaltung auf 22 % verbessern.
Laut einer vom Unternehmen in Auftrag gegebenen Erhebung sehen Analysten den Umsatz im dritten Quartal im Schnitt bei rund 4,9 Milliarden Euro und damit rund 3,5 % unter dem Vorjahresniveau. Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte hingegen um 8 % auf 1,27 Milliarden Euro zulegen. Fazit: Die Börse hat immer Recht und springt der Kurs erst einmal über 57/58 Euro, entsteht Spielraum bis ca. 73. Nicht schlecht in diesen Zeiten für einen DAX-Wert! Auf die Lauer legen!
Kurz von der Wall Street:
Clorox meldete einen Quartalsgewinn von 3,22 Dollar je Aktie, verglichen mit einer Konsensschätzung von 2,32 Dollar je Aktie. Die Einnahmen übertrafen auch die Prognosen, da Clorox weiterhin von Einkäufen durch den immer wackeren Verbraucher inmitten der Pandemie profitierte. Das sind wahrscheinlich die ganzen Trump-Anhänger, denen er ja empfohlen hatte, sich gegen das Virus mit Desinfektionsmittel „impfen“ zu lassen! Clorox erhöhte folglich auch seine Umsatzprognose für das Gesamtjahr. Oberhalb von 221 Dollar ein Kauf!
Estee Lauder verdiente 1,44 Dollar pro Aktie, weit über den 90 Cent, die eine Konsensschätzung ergab. Der Umsatz übertraf auch die Prognosen und Estee Lauder kündigte eine Erhöhung der Dividende um 10% auf 53 Cent pro Aktie an. Auch in schwierigen Zeiten will die Dame des Hauses schön sein, schließlich verbringt man ja nun den ganzen Tag miteinander. Gute Aktie. Kann man kaufen, muss man aber nicht.
Marathon Petroleum verdient 1,00 Dollar pro Aktie, weniger als der von Wall Street-Analysten erwartete Verlust von 1,70 Dollar. Der Umsatz lag jedoch wegen der deutlich geringeren Nachfrage aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie unter den Schätzungen. Wieder so ein Fall: alles was mit Öl, Benzin, Petroleum etc. zu tun hat, fasse ich nicht an und auch hier reicht ein Blick auf den Chart.
Waste Management verdiente im letzten Quartal 1,09 Dollar pro Aktie, 7 Cent pro Aktie über den Schätzungen. Der Umsatz übertraf auch die Prognosen. Das Unternehmen zeigte sich trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds mit seiner Leistung zufrieden. Ist seit März ein klarer Favorit und dabei bleibt es auch. Kursziel mind. 130 Dollar kommendes Jahr, denn Müll gibt es bald mehr als jemals zuvor!
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