Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Thyssenkrupp, Berkshire Hathaway, Apple, AT&T, Gilead Sciences und Blackrock
Guten Abend,
der Mix macht es eben: Fed-Stimulus, sinkende Todesraten trotz steigender Infektionszahlen und eine deutlich bessere Stimmung in der Wirtschaft reichen den Börsen vorerst aus, um die bestehenden Trends fortzufahren. Es braucht in diesen Tagen eben nicht viel, steigende Kurse zu erklären und rechtfertigen.
Wenn die uralte Annahme, dass Börsenkurse wahre Antizipationswunder sind, noch immer gilt, dann dürfte 2021 ein wahres volkswirtschaftliches Boomjahr werden! Und wer sich darauf allein nicht verlassen möchte, dem rate ich einen Blick auf die Zinskurve zu werfen:
Kurzer Exkurs: Die Zinskurve bildet die Rendite Staatsanleihen über alle Laufzeiten hinweg ab. Von einer inversen Zinskurve sprechen wir, wenn die kurzfristigen Zinsen höher sind als die langfristigen. Dies gilt als Zeichen, dass eine Rezession bevorsteht. Umgekehrt gilt aber auch: liegen die kurzen Zinsen unter den langen, stehen Boomjahre ins Haus.
Wir alten Hasen wissen, dass für eine einigermaßen verlässlichen Prognose von Rezessionen oder Boomjahren, der Zinskurve eine hohe Bedeutung zugeschrieben wird. Denn die Erfahrung zeigt auch, dass dies stets ein recht verlässlicher Frühindikator für beide Richtungen darstellt. Es gibt zwar auch Ausnahmen, wie zuletzt zu Beginn der Pandemie, aber das lege ich einmal unter der Kategorie „Anomalien“ ab: Kurz vor dem Ausbruch der Pandemie drehte sie in Minus, doch inzwischen signalisiert die Zinskurve die Rückkehr zur Normalität.
Aktuell liegt die Differenz zwischen der kurzen zweijährigen und der langen zehnjährigen Rendite in den USA liegt bei rund 0,6 % was circa dem historischen Durchschnitt entspricht. Und auch in Deutschland ist die Kurve, die das Verhältnis von zweijährigen zu zehnjährigen Zinsen abbildet, zuletzt immer steiler geworden was bedeutet, dass auch hierzulande die langfristigen Zinsen seit März gestiegen sind. Diese signalisiert, dass sich die Wachstumserwartungen aufhellen. Langlaufende Staatsanleihen werden in Krisenzeiten gekauft, wenn Vermögen in Sicherheit gebracht werden soll, doch inzwischen werden wieder vermehrt riskante Unternehmensanleihen nachgefragt und die weniger renditeträchtigen Staatsanleihen fallen im Kurs. Das spricht für eine Normalisierung und untermauern das Bild, welches auch viele Konjunkturindikatoren für die Euro-Zone zeichnen:
Nach dem drastischen Einbruch stehen die Zeichen auf Erholung.
Die Lage auf einen Blick:
Dow Jones, S&P500 und Nasdaq: Wie vorige Woche angedeutet, rechne ich damit das die Party noch andauert. Wie lange noch ist indes schwer zu deuten (wie bei einer „echten“ Party eben auch), aber es bleibt dabei: irgendwann ist Schluss und alle gehen nach Hause. Sämtliche technischen Indikatoren zeigen bereits in diese Richtung (so wie bei einer Party langsam der Alkohol zur Neige gerät und das Buffet immer leerer wird…), und daher sollten wir alle gewappnet bleiben. Meine größte Sorge ist derzeit das eher schlechte Stimmungsbild unter der US-Bevölkerung. Es ist der Nährstoff für einen sehr strapaziösen Wahlkampf und ich kann mir vorstellen, dass dies die Märkte auch mal eben aus der Bahn wirft. Ich bleibe also dabei: auch wenn der konjunkturelle Himmel heller wird, die Märkte sind überkauft, und zwar bis über beide Ohren. Wir brauchen dringend eine Korrektur!
DAX: Frankfurt trottet so dahin und folgt der Wall Street mal mehr, mal weniger. Wer sich die kleine Mühe macht einmal alle DAX-Einzelwerte anzuschauen, der stellt schnell fest das es nur sehr wenige Titel gibt, die klare Trends abbilden: Covestro, Daimler, Adidas, Henkel, Infineon, RWE, Siemens und SAP und Vonovia. Alles andere dümpelt so vor sich hin. Im MDAX sieht es etwas besser aus. Damit können wir sicher mehr als zufrieden sein, aber die lautet Musik spielt eben doch noch Übersee.
Heute auf der Agenda:
Laut dem „Handelsblatt“ erwägt das Verteidigungsministerium der Bundesrepublik eine Ersatzbeschaffung für Kriegsschiffe der Marine und stellt damit einen Auftrag bis zu 2,8 Milliarden Euro in Aussicht. Das weckt bei Thyssenkrupp heute die Gemüter und folglich steigt der Kurs um 4%, vor allem weil der Auftrag, als Schlüsseltechnologien zur Stärkung der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, ohne eine europaweite Ausschreibung an die Werften-Arbeitsgemeinschaft Lürssen, Thyssenkrupp Marine Systems und German Naval Yards vergeben werden. Tatsächlich profitieren davon heute fast alle Stahlwerte, denn auch Salzgitter und Klöckner & Co. legen heute um über 1% zu. Klar: steigende Stahl- und Kupferpreise untermauern die Erwartung einer wirtschaftlichen Erholung. Ist es sinnvoll nun bei Thyssenkrupp einzusteigen? Nicht wirklich. Einmalige Aufträge, wenn sie denn überhaupt kommen, sind sicher nett, lösen aber das Problem dort nicht. Kein Kauf für mich.
Kurz von der Wall Street:
Berkshire Hathaway erwarb Anteile von etwas mehr als 5% an fünf großen japanischen Unternehmen, darunter Mitsubishi, Mitsui und Sumitomo. Berkshire-Oberguru Buffet sagte, dass es die Käufe als langfristige Investitionen betrachte und dass er die Anteile auf bis zu 9,9% erhöhen könnte. Die japanischen Handelsunternehmen – bekannt als Sogo Shosha – sind Konglomerate, die alles von Energie und Metallen über Lebensmittel bis hin zu Textilien in das ressourcenarme Japan importieren. Sie bieten auch Dienstleistungen für Hersteller und haben maßgeblich zum Wachstum der japanischen Wirtschaft und zur Globalisierung ihres Geschäfts beigetragen. Vielleicht sollte ich mir Japan nochmals gesondert aufschreiben, denn wenn ich ehrlich bin hatte die aufgehende Sonne lange nicht mehr auf meinem Anlagezettel.
Apple beginnt heute mit dem 4-zu-1-Aktiensplit im Handel. Dies ist der fünfte Aktiensplit von Apple seit dem Börsengang. Die vorherigen vier Aktiensplits des Unternehmens erfolgten: 9. Juni 2014: 7 für 1, 28. Februar 2005: 2-für-1, 21. Juni 2000: 2-für-1 und 16. Juni 1987: 2-für-1. Während ein Split darauf ausgelegt ist, den nominalen Preis pro Aktie zu senken, hat die splitbereinigte Apple-Aktie in der Vergangenheit kurzfristige Ausverkäufe verzeichnet: Jeweils zwei Wochen nach den vorherigen Aktiensplits haben Apple-Aktien durchschnittlich 5,6% verloren und haben nach Angaben der Hedge-Fonds-Handelsinformationsplattform Kensho in allen vier Fällen erst einmal an Boden verloren. Mein Rat daher: erst einmal abwarten bis der ganzen Hype um den Split verstummt ist!
AT & T prüft derzeit Optionen für den Verkauf seiner DirecTV-Einheit. Apollo Global Management soll zu den interessierten Bietern des Satellitenfernsehbetreibers gehören. Das sind unter anderem die Zeichen, das auch die größten unter den Großen Fehler machen, denn während alle anderen am Streaming verdienen, hat AT&T keine wirklich spannende Story auf Lager. Ergebnis: der Kurs bewegt sich seit 2001 nur seitwärts! Verkaufen!
Gilead Sciences – Die Food and Drug Administration hat die Notfallgenehmigung für Gileads antivirales Arzneimittel Remdesivir erweitert und ermöglicht die Anwendung bei allen Krankenhauspatienten mit Covid-19. Zuvor war die Behandlung nur für Menschen mit einer schweren Form von Covid-19 zugelassen worden. Schöne Meldung, Aktie bleibt aber technisch angeschlagen. Ich warte bis 60 Dollar erreicht sind, dann schaue ich weiter.
BlackRock erhielt von den chinesischen Aufsichtsbehörden die Genehmigung, eine Investmentfondseinheit in diesem Land einzurichten, und war damit der erste globale Vermögensverwalter, der eine solche Genehmigung erhielt. Auch spannend, oder? Während das Weiße Haus sich mit Peking zankt, erhalten die Erz-Kapitalisten schlechthin die Erlaubnis für einen Fonds. Wer weiß was sich die Chinesen davon versprechen, aber gut für Blackrock!
Citi hat Beyond Meat von „verkaufen“ auf „neutral“ heraufgestuft. Dabei wurde die Underperformance seit Anfang Juli und das besser als erwartete Umsatzwachstum festgestellt. Die Aktie bietet jetzt ein ausgewogeneres Risiko / Belohnungsprofil.
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