Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Wirecard, Lufthansa, Biontech, BVB, Gilead Sciences, BP, Amazon und Boeing
Guten Abend,
wir müssen uns leider etwas untreu werden. Denn eigentlich wollten wir an dieser Stelle nichts mehr zu Wirecard sagen. Was wir zumindest zur Hälfte auch erneuern, da es fundamental zu dem Unternehmen auch nichts mehr zu sagen gibt. Dennoch geht das groteske Spiel in eine weitere Runde. Uns erscheint das Ganze schon lange nicht mehr als Posse, sondern nur noch als Peinlichkeit und Armutszeugnis des deutschen Kapitalmarkts. Aber zugegeben, auch in den USA trieben zuletzt die Zocker bei Hertz ihre Spielchen, und warum sollten das ausgerechnet bei einem sterbenden Ex-Star anders sein.
Dennoch war der heutige Tag exemplarisch dafür, wer jetzt hier an der Börse das Kommando bei der Aktie übernommen hat. Es reichen die wildesten, und nur spärlich fundierten, Spekulationen zu möglichen Übernahmen und Teilverkäufen, um die Aktie heute um rund 150 % nach oben schießen zu lassen. Aus unserer Sicht hat das mit Kapitalmarkt nichts mehr zu tun.
Und natürlich muss sich in dieser Situation jetzt die Deutsche Börse AG auch die kritischen Fragen gefallen lassen, ob man das jetzt nun tatsächlich bis September so durchhalten will. Zwar steuert Wirecard heute nur knapp drei Punkte zum DAX-Gewinn bei. Aber man muss sich mal vorstellen, dass es einen Wert im wichtigsten deutschen Börsenbarometer gibt, der wahrscheinlich jetzt in den nächsten Wochen regelmäßig täglich zwei- oder dreistellige Prozentausschläge ausweist. Könnte gut sein, dass auch der DAX am Ende gerade für institutionelle Anleger an Reputation einbüßt. Schließlich muss man ja auch daran denken, dass auf den DAX etliche Indexzertifikate und Fonds, auch in der Rentenvorsorge, ausgerichtet sind.
Wirecard als Phoenix aus der Asche? Von wegen! Natürlich ist der Vorstand der Auffassung, dass eine Fortsetzung des Geschäfts im Interesse der Gläubiger ist, was denn sonst?! Diese werden ihr Geld auch schon noch bekommen, wenn auch nicht alles, aber wer als Aktionär dann der Auffassung ist, dass auch er davon profitiert, hat wohl in der Uni nicht aufgepasst. Ich hatte es ja schon früher einmal in den Raum gestellt: das Geschäft wird irgendwie und irgendwo weitergeführt, nicht aber in dieser (!) AG! Meine Güte, German money really is stupid, is’nt it?
Die Deutsche Lufthansa ist gerettet, oder ist sie das nicht? Es stehen große Herausforderungen ins Haus, sicher machbar für einen Manager wie Spöhr, aber sicher auch nicht einfach mit einem Aktionär an Bord, der es höchst ungern sieht, wenn seine Wähler auf die Straße gesetzt werden. Die Reaktion der Börse, und somit das Urteil des Kapitalmarkts, ist denn auch eindeutig! Diese Story spielt ab jetzt auf einer anderen Bühne und definitiv nicht auf der großen Leinwand der Blockbuster, sondern im kleinen Programmkino um die Ecke. Wie lange dieser Film dort läuft bleibt abzuwarten, aber wenn ich mir ähnliche Schinken anschaue, dann vermute ich: Jahre! Ich werde die Aktie also weiterhin nur beobachten, kaufen werde ich sie nicht.
Die Lage auf einen Blick:
DAX: Die Woche fängt auf jeden Fall besser an, als die Vorwoche aufgehört hatte! Setzt sich dies fort, wäre das wieder einmal der Beleg: Schwache Tage/Wochen sind in diesen Zeiten Kaufgelegenheiten, denn schon lange achten die Weitsichtigen nicht auf die Sorgenfalten um diese lästige Pandemie, sondern darauf, wie wir alle lernen, mit den Risiken im Leben umzugehen. Das Leben ist nun einmal lebensgefährlich.
Ich würde das Ganze einmal als stabile Ausgangslage für die Berichtssaison werten. Sollten wir uns hier halten können, wäre das schon ein sehr gutes Zeichen. Wichtig: Psychologische Orientierungspunkte wie 12.000 und 200-Tage-Linie sind noch nicht gefährdet. Der Blick auf den April zeigt, wie so eine Marktphase endet: mit einem Ausbruch nach oben. Mein Kursziel über die Sommerferien bleibt unverändert: 13.700 Punkte!
Dow Jones, S&P 500 und Nasdaq: Diese Woche folgt die Gegenbewegung zur Gegenbewegung. Wie von mir erwartet, schüttelt die Börse das ganze Pandemie-Thema schrittweise ab, denn es geht nicht um die Frage, wie viele sich infizieren, sondern um die Frage, ob die wirtschaftliche Erholung davon zu sehr gebremst wird. Aus rein technischer Sicht ist bei allen drei Indices die Welt noch in Ordnung, und solange das der Fall ist, sehe ich keinen Grund dafür, meine Einschätzung zu ändern. Aber wachsam sollten wir schon noch bleiben!
Heute auf der Agenda:
BionTech mit nächster Finanzierungsrunde
Noch ein Hype-Wert der letzten Wochen macht wieder auf sich aufmerksam. Die hauptsächlich in Amerika notierte BionTech schießt heute zweistellig nach oben, nachdem das Unternehmen, das vor allem wegen seiner Forschungsarbeit an einem Corona-Impfstoff so im Fokus steht, eine neue Finanzierungsrunde melden konnte. Insgesamt hat man rund 250 Millionen Dollar an frischem Kapital einsammeln können. Dabei hat man mit dem Staatsfonds Temasek aus Singapur eine besonders bekannte Adresse ins Boot holen können. Dem Vernehmen nach bleibt zwar die Beteiligung von Temasek unter der ersten Meldepflicht-Schwelle von 3 %. Aber für die Zukunft sind weitere Aufstockungen wohl nicht auszuschließen.
Damit hat BionTech den nächsten großen Namen ins sprichwörtliche Portfolio holen können. Denn bei seinem Forschungsprojekt hat man ja bereits Pfizer und die chinesische Fosun Pharma mit im Boot. Wie wir an dieser Stelle schon schrieben, ist der Wettlauf um einen Impfstoff noch längst nicht entschieden, auch wenn BioTech anscheinend zu der Gruppe mit den größten Chancen gehört. Zumindest hat die Aktie es jetzt geschafft, aus ihrer Seitwärtsbewegung wieder nach oben auszubrechen. Wer hier ein bisschen Spielgeld übrig hat, kann mitmachen. Ist ein schöner Ausgleich zu dem Wirecard Fiasko, aber bitte bitte liebe BioNTech Manager: keine Bilanzkapriolen! Ich bin auch dabei wenn ihr brav seid!
BVB rutscht in die Miesen
Und noch etwas für die Fans des deutschen Fußballs: Die Corona-Pause dürfte der börsennotierten Borussia Dortmund im laufenden Geschäftsjahr einen Verlust einbrocken. Der Bundesligist hatte heute mitgeteilt, dass man damit rechnet, rund 45 Millionen Euro an Verlust zum Geschäftsjahresende angesammelt zu haben. Das EBITDA soll mit 62 Millionen Euro zwar positiv bleiben. Allerdings ist auch das ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Vorjahr um rund 46 %.
Kein Wunder, dass die Aktie zuletzt wieder unter Druck geriet, was allerdings auch durch die eher schwache Spielleistung zum Abschluss der Saison angestoßen wurde. Aber wie es immer so schön heißt: neues Spiel, neues Glück. Vielleicht läuft es ja in der nächsten Saison nicht nur spielerisch, sondern auch unternehmerisch wieder besser. Potenzial hätte die Aktie jedenfalls, aktuelle Käufe halten wir allerdings noch für verfrüht.
Kurz von der Wall Street:
Gilead Sciences legt die Preise für seine antivirale Covid-19-Behandlung mit Remdesivir fest. Die Regierungen der Industrieländer zahlen 390 Dollar pro Dosis und privat versicherte Patienten werden mit 520 Dollar pro Dosis zur Kasse gebeten. Gesalzene Preise und die hohe Angst vor Covid-19 sollten zu entsprechenden Umsatzerlösen führen und die Börse quittiert dies erst einmal mit +2% heute. Klar, es muss ja jetzt auch erst einmal gerechnet werden. Frage mich nur, wie die Preise in den Schwellenländern aussehen werden!
BP gab den Verkauf seines Petrochemie-Geschäfts an das in Privatbesitz befindliche britische Chemieunternehmen Ineos für 5 Mrd. Dollar bekannt. BP sagte, der Umzug bedeute, dass das 15-Milliarden-Dollar-Veräußerungsziel ein Jahr früher als geplant erreicht worden sei. Das ist im Kern schon eine gewichtige Nachricht, denn BP veräußert schrittweise seinen Ursprung und richtet sich neu in Richtung Nachhaltigkeit aus. Wer weiß, wie BP in 10 Jahren dasteht. Oder gar nicht mehr! Kein Kauf!
Amazon und Japans Softbank haben sich beide an das russische Konglomerat Sistema gewandt, um einen möglichen Kauf der Online-Einzelhandelseinheit Ozon zu erwirken, so Sistemas Mehrheitseigner in einer Meldung. So schreitet die weltweite Konzentration des Handels immer weiter voran und am Ende heißen die Gewinner wohl Amazon und Alibaba. Nicht ohne Grund gibt es an der Wall Street Kursziele für Amazon jenseits der 5.000 Dollar! Amazon bleibt auch bei mir ein Kauf.
Boeing – Die Rezertifizierungsflüge für den 737 Max-Jet von Boeing beginnen heute. Dies ist ein wichtiger Schritt, da Boeing versucht, den Max wieder in Dienst zu stellen. Mal sehen, was die Prüfer zu meckern haben, ich hoffe mal, das alles gutgeht. Die Börse sieht das ganze recht optimistisch mit +8% und sollte es tatsächlich eine Freigabe geben, wäre das wohl die Story der Woche! War immer Boeing-Fan, bleibe es auch!
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