Last Call! – Der Marktbericht am Abend: Mit Zalando, Südzucker, Nikola, IBM und Domino´s Pizza
Guten Abend,
die Vizepräsidentendebatte ist vorbei und es wurden auf beiden Seiten Punkte erzielt, aber das wird wahrscheinlich kein Zünglein an der Waage für die Börsen werden. Hier steht im Moment nur die Konjunkturhoffnung im Vordergrund. Während die Wähler und die Medien an einem hitzigen Wahlkampf festhalten werden, spielt es für die Märkte wirklich eine Rolle, wie schnell ein Gewinner wirtschaftliche Erleichterungen bringen wird? Wir sagen nein.
In der Vergangenheit war es nur am Rande von Bedeutung, wer Wahlen gewinnt. Kleine Unterschiede in der Wirtschaftsleistung, kleine Unterschiede in den Marktrenditen, das wars. Dies gilt diesmal umso mehr, als die COVID-19-Krise die politischen Entscheidungsträger zum Handeln zwingen wird, unabhängig davon, wer im November gewinnt. Und wer sich einmal die beiden Wahlprogramme der Kontrahenten im Detail angeschaut hat, wird feststellen, dass Donald und Joe gar nicht so weit voneinander entfernt liegen wie es an der Oberfläche beziehungsweise dem Bildschirm den Eindruck macht. Uns Deutsche und Europäer sollte klar sein: Auch mit Joe wird es ungemütlich bleiben, denn auch er denkt im Kern zuerst an seine Heimat und nicht an den Weltfrieden. Joe ist kein zweiter Obama!
Was jetzt vielmehr zählt, ist die „kreative Zerstörung“ der Märkte, die aufgrund der Pandemie stattgefunden hat und die Aktien in Gewinner und Verlierer aufteilt. Infolgedessen geschieht das, was normalerweise aus Sicht der Innovation und kreativen Zerstörung über Jahre oder Jahrzehnte hinweg geschieht, in wenigen Monaten. Und das hat den Prozess der Identifizierung von Gewinnern und Verlierern wirklich beschleunigt.
Zu den Gewinnern zählt dabei eine Handvoll Aktien, die nicht von COVID-19 getroffen wurden, und diejenigen, die davon profitiert haben, wie die großen Tech-Giganten. Die Verlierer sind ebenfalls in zwei Unterkategorien unterteilt: diejenigen, die einen Treffer einstecken mussten, aber wahrscheinlich aufgrund der Stärke ihrer Bilanzen überleben werden – ergo zyklische Aktien – und diejenigen, die aufgrund eines Geschäftsmodells in einer postpandemischen Welt oder einer zu schwachen Bilanz nicht lebensfähig bleiben und aussterben werden. Man kann nicht nur die Geschichte betrachten, man muss auch die Veränderungen in der Umgebung betrachten. Natürlich liegt es jetzt nahe, einfach an den Krisengewinnern festzuhalten, nur leider sind sie noch immer einfach zu teuer. Der kluge Investor sucht also nach Alternativen und die Gewinner, die noch keiner kennt.
Daher mein Rat: Schaut euch diejenigen Unternehmen an, die vorübergehend durch COVID-19 beeinträchtigt wurden, aber noch immer starke Bilanzen aufweisen. Und Vorsicht vor vermeintlichen Schnäppchen in Sektoren, deren Geschäftsmodell grundsätzlich in Frage zu stellen ist wie die deutschen Banken! Nein, es sind die zyklischen Aktien und überzeugende Geschichten bei Energie- und Versorgungsaktien sowie in der gesamten Large- und Small-Cap-Landschaft. Ab jetzt gilt: Diversifikation ist von entscheidender Bedeutung.
Die Lage auf einen Blick:
DAX: Gute Vorgaben aus den USA hauchen dem DAX weiter Leben ein. Dieser bewegt sich zunehmend in Richtung seines bisherigen Abwärtstrends bei rund 13.280 Punkten. Mit dem heutigen Schlusskurs über der Marke von 13.000 Zählern könnte das zum Tragen kommen, was wir gestern besprachen. Indes: neue Kaufsignale bedeutet das nicht, sondern schlichtweg ein Zug in die richtige Richtung.
Wall Street: Die Amerikaner machen wieder ihren Ruf als Pragmatiker alle Ehre. Wie wir bei Analysten vor Ort in Erfahrung bringen konnten, sehen diese den aktuellen Verhandlungsstillstand beim Konjunkturpaket zumindest für den Markt als abgehakt an. Was relativ leicht fällt. Denn man ist sich sicher, dass nach der Wahl hier entsprechend Neues aufgelegt wird. Ebenfalls Entlastung kommt von den wöchentlichen Erstanträgen auf Arbeitslosenversicherung. Zwar sind diese gesunken, allerdings nicht so stark wie gehofft. So seltsam es klingt: Das hält ebenfalls die Spekulation auf das neue Konjunkturprogramm nur noch mehr am Leben.
Heute auf der Agenda:
So kurz nach dem Quartals-Ultimo trudeln langsam die ersten Anpassungen für die Jahresbilanz ein. Einen Pluspunkt kann dabei der Modehändler Zalando verbuchen. Denn dieser hat am Abend seine Jahresprognose angehoben. Beim Umsatz rechnet das Unternehmen nun mit einem Wachstum von 20-22 %. Der operative Gewinn auf Basis des EBIT soll zwischen 375 und 427 Millionen Euro liegen.
Das alles wurde möglich, weil nach vorläufigen Zahlen auch das dritte Quartal stark ausgefallen war. Wie Zalando meldete, ging es beim Brutto-Warenvolumen zwischen 28-81 % nach oben. Beim Umsatz soll der Zuwachs zwischen 20 und 23 % gelegen haben und beim bereinigten EBIT stellt Zalando ein Ergebnis zwischen 10-130 Millionen Euro in Aussicht. Wundert etwas diese Riesenspanne. Ist dem Markt allerdings momentan egal, nach dem man im Vorjahr nur 6,3 Millionen Euro verdient hatte. Damit dürfte es auch für die Aktie von Zalando weiteren nach oben gehen. E-Commerce ist halt immer noch ein Zugpferd.
Nachdem zur Wochenmitte der Bioethanol-Produzent Cropenergies melden konnte, dass er im zweiten Fiskalquartal (per Ende August) seinen Gewinn um fast 50 % auf 31,5 Millionen Euro steigern konnte, war die Börse natürlich gespannt, was die Muttergesellschaft Südzucker präsentieren wird. Doch deren Halbjahres-Präsentation ging sprichwörtlich daneben.
Dabei sahen die reinen Zahlen gar nicht mal so schlecht aus. Im ersten Halbjahr konnte Südzucker seinen Umsatz leicht auf 3,35 Milliarden Euro steigern. Auf operativer Ebene betrug das Wachstum sogar rund drei Viertel auf 129 Millionen Euro. Allerdings fielen diese Zahlen nur auf ein gemischtes Echo. Denn während Südzucker beim Umsatz die Erwartungen der Analysten erfüllen konnte, blieb man beim operativen Ergebnis darunter, was vor allem einer anhaltenden Schwäche in der Zuckersparte zugeschoben wurde.
Diese ist es letztlich auch, die für das Gesamtjahr noch Belastungen parat hält. Denn wie Südzucker mitteilte, rechnet das Unternehmen nun für das gesamte Geschäftsjahr in der Sparte definitiv mit einem Verlust. Zuvor war man noch guter Hoffnung gewesen, vielleicht einen Gewinn erwirtschaften zu können. Warum das so ist, darüber rätselt der Markt etwas. Sehr wahrscheinlich ist allerdings die Erklärung, dass Südzucker bei bisherigen Preisverhandlungen nicht das durchsetzen konnte, was man wollte. Die Quittung: Die Aktie wurde um fast 12% runtergedruckt und hält nun mit Müh und Not die 200-Tage-Linie. Da muss erst mal wieder Ruhe rein, ehe man eventuell über eine Schnäppchenjagd diskutiert.
Kurz von der Wall Street:
Laut einer Geschichte in der heutigen Financial Times versucht Nikola, das Vertrauen der Anleger vor Ablauf der Aktiensperren am 30. November wieder aufzubauen. In der Zeitung heißt es, Nikola hoffe, dass die Technologie, die es auf der heutigen Konferenz „Mission Hydrogen“ vorstellen wird, dazu beitragen wird, die Zweifel zu zerstreuen, die durch den kritischen Bericht des Leerverkäufers Hindenburg Research vom letzten Monat entstanden sind.
Ich mache hier jetzt mal einen Punkt, denn mir stinkt das Ganze recht ordentlich! Was ich hier wittere: es soll mit allen Mitteln versucht werden, die Story spannend und aufrechtzuerhalten, damit das Management noch zu guten Kursen Kasse machen kann! Immerhin geht es teilweise um sehr hohe sechsstellige Millionenbeträge – wer will schon zuschauen, wie sich die kurz vor Ende der Aktiensperren in Luft auflösen. Solange ich kein Produkt sehe, ist die Aktie für mich kein Thema. Und ich warne alle vor einer Hoffnung, denn das hatten wir gerade erst bei Wiredreck. An der Börse ist einfach nichts unmöglich.
IBM hat angekündigt, die Managed Infrastructure Services-Einheit des globalen Geschäftsbereichs Technology Services in ein separates börsennotiertes Unternehmen auszulagern, damit es sich auf seine Wachstumsstrategie für Hybrid-Clouds konzentrieren kann. Die Abspaltung erfolgt durch eine steuerfreie Verteilung an die IBM-Aktionäre. Guter Schachzug! Das Parkett sieht das wohl ähnlich und begrüßt diese Entscheidung mit 6% plus. Das reicht noch nicht ganz für die Befreiung aus der Seitwärtsbewegung, aber ich rate dazu, trotzdem jetzt schon die Position aufzustocken. Big Blue ist noch immer im Rennen und eine Klasse-Aktie.
Domino’s Pizza verdiente im letzten Quartal 2,49 Dollar pro Aktie, knapp unter der Konsensschätzung von 2,79 Dollar pro Aktie. Der Umsatz übertraf jedoch die Prognosen, und der Umsatz eines vergleichbaren US-Geschäfts stieg um 17,5%, verglichen mit der Schätzung von 13,9% der von FactSet befragten Analysten Was passt am besten zu Home Office? Na klar, eine Pizza Margarita! Wer es gesund mag, nimmt Beyond Meat, und wem es egal ist, nimmt eine ordentliche Pizza. Der Trend der Aktie ist intakt und wer Nahrungsmittel in seinem Depot hat, sollte auch Dominos Pizza im Programm haben.
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