Rock Tech Lithium im Plan: So läuft das Projekt Guben – Doch was ist mit dem Lithiumpreis?

Das deutsch-kanadische Start-up Rock Tech Lithium hat mit den Bauarbeiten für seinen Lithiumhydroxid-Konverter im brandenburgischen Guben begonnen. Die Aktie kann davon allerdings nicht profitieren. Seit einem zyklischen Hoch Anfang Februar verliert sie an Wert. Mögliche Gründe dafür könnten die derzeit gesunkenen Lithiumpreise sein wie auch die Diskussionen rund um eine mögliche Verstaatlichung der Lithium-Industrie in Chile sein. Chairman und CEO Dirk Harbecke erläutert im Gespräch, wo man beim Guben-Projekt steht und wie er die derzeitigen Marktherausforderungen einschätzt.

Wolfgang Böhm: Die Aktie von Rock Tech reagiert derzeit kaum auf positive Nachrichten, obwohl es die durchaus gibt.

Dirk Harbecke: Das ist richtig. In Guben, wo wir den ersten Lithiumhydroxid-Konverter Europas bauen, haben nach dem Spatenstich Ende März die konkreten Arbeiten begonnen. In einem ersten Schritt testen wir mit insgesamt 26 Betonpfählen die Bodenbeschaffenheiten, wo später die größten Produktionsanlagen stehen werden. Diese Pfähle haben einen Durchmesser von 60 Zentimetern und dringen 20 Meter tief in den Boden ein. Solche Tests sind bei einem Industriebau dieser Größe üblich. Die dadurch gewonnen Daten nutzen wir, um das Fundament zu verbessern mit dem Ziel, kostengünstiger zu bauen.

Eigentlich könnte man erwarten, dass die Börse auf so etwas positiv reagiert.

Normalerweise ja. Aber derzeit ist die Stimmung im gesamten Lithiumbereich angeschlagen. Die Aktien von großen Produzenten wie SQM aus Chile oder Albemarle aus den USA haben in den zurückliegenden sechs Monaten 30, 40 Prozent verloren. Einer solchen Entwicklung kann sich natürlich auch Rock Tech nicht entziehen.

Was ist denn der Grund für das negative Sentiment?

Die wesentliche Ursache besteht in den gesunkenen Spotmarktpreisen für Lithiumhydroxid und -karbonat in China. Die Anleger werten dies als Zeichen für ein Überangebot. Daher die fallenden Kurse der Lithiumproduzenten.

Und gibt es tatsächlich zu viel Lithium auf dem Markt?

Nein, das sieht nur kurzfristig danach aus. Bei SQM kam es beispielsweise Ende 2022 aus China zu vorgezogenen Käufen, da in diesem Jahr Subventionen für Elektroautos ausgelaufen sind. Das hat im vierten Quartal für eine erhöhte Nachfrage nach E-Autos und den dafür benötigten Batterien gesorgt. Dadurch haben auch die Produzenten von Kathoden mehr Lithiumprodukte gekauft. Diese vorgezogene Nachfrage fehlte dann Anfang 2023. Dabei handelt es sich aber nur um eine zeitliche Verschiebung nach vorne. Dazu kam noch Ende Januar das chinesische Neujahresfest, was regelmäßig die wirtschaftlichen Aktivitäten etwas dämpft.

Aber die Preise am chinesischen Spotmarkt sind gefallen.

Das stimmt. Die spielen jedoch eigentlich eine untergeordnete Rolle. Das Gros des Lithiums wird direkt zwischen den Produzenten und den Abnehmern gehandelt. Minengesellschaften wie Albemarle oder Pilbara haben zuletzt über sehr viel höhere Verkaufspreise berichtet. Gleichzeitig geben die Amerikaner jetzt mit ihrem Inflation Reduction Act beim Thema Elektromobilität richtig Gas. Das dürfte den Lithiumpreis unterstützen.

Welche Rolle spielt denn der Lithiumpreis für Rock Tech?

Der ist für uns natürlich wichtig. Aber unsere Kalkulationen beruhen auf sehr konservativen Annahmen. Wir können auch mit einem niedrigeren Lithiumpreis gut leben und profitabel wirtschaften.

Kommen wir noch einmal zum Konverter in Guben. Wie sehen da die weiteren Schritte aus?

Da laufen verschiedene Entwicklungen parallel. Wir arbeiten unter Hochdruck an den finalen Bauplänen. Da haben wir schon rund 350.000 Ingenieursstunden investiert. Wenn das Design der Anlage im letzten Detailgrad fertig entwickelt ist, geht die praktische Umsetzung vergleichsweise schnell. Wir wollen ja bereits übernächstes Jahr den Konverter hochfahren und mit der Produktion beginnen. Hier liegen wir im Plan.

Eigentlich war der Start ja bereits für Ende 2024 geplant.

Das stimmt. Wir haben aber in der Zwischenzeit mit zusätzlichen Herausforderungen zu kämpfen gehabt, vor allem durch Auswirkungen des Ukraine-Krieges. Selbst Teslas Fabrik in Grünheide ist etwas später als ursprünglich angepeilt in Betrieb gegangen.

Welche weiteren Entwicklungen laufen bei Rock Tech?

Wir arbeiten an zuverlässigen und stabilen Lieferketten. Da geht es vor allem um die Belieferung mit Spodumen, also lithiumhaltigen Gestein, das wir in unserem Konverter zu hochreinem Lithiumhydroxid in bester Batteriequalität veredeln. Hier kooperieren wir mit dem renommierten Schweizer Rohstoffhändler Transamine und haben unsere eigene Handels- und Logistiktochter aufgesetzt.

Aber Rock Tech gehört doch bereits ein eigenes Lithiumvorkommen in Kanada?

Auch hier wollen wir 2025 mit der Produktion starten. Hierbei handelt es sich um eine wichtige, sehr zentral gelegenen Lagerstätte. Im März haben wir ein Bohrprogramm gestartet, um unsere Mineralressourcen in Georgia Lake zu erhöhen. Aber die Mengen werden nicht ausreichen, um den Konverter in Deutschland mit ausreichend Rohmaterial zu versorgen. Außerdem überlegen wir uns, auch in Nordamerika einen Konverter zu bauen und das Material aus unserem kanadischen Vorkommen möglicherweise dort zu verarbeiten.

Und wie sieht es mit Abnahmeverträgen aus?

Der Vertrag, den wir vergangenes Jahr mit Mercedes-Benz abgeschlossen haben, ist ja bekannt. Im Augenblick sind allein in Europa bis zu 30 Batteriefabriken geplant oder bereits im Bau. Die brauchen alle Lithiumhydroxid oder -karbonat. Bislang kommt das ganz überwiegend aus China. Wollen die europäischen Autoproduzenten ihre Lieferketten wirklich kontrollieren und absichern, müssen sie nicht nur ihre Akkus selbst bauen, sondern sich auch die notwendigen Rohstoffe sichern. VW hat ja nicht nur den Bau einer Batteriefabrik in Ontario angekündigt, sondern will sich auch an Lithiumproduzenten beteiligen. Über die Abnahme unseres Lithiumhydroxid mache ich mir keine Sorgen.

In Chile scheint eine Verstaatlichung der Lithium-Industrie bevorzustehen. Welche Konsequenzen hat das für den Lithium-Supply?

Die Lithium-Industrie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Lateinamerika, aber auch anderen Wachstumsregionen dieser Welt. Wenn Staaten über Beteiligungen an der Industrie mitverdienen wollen und in den freien Markt eingreifen, werden Projektentwicklungen verlangsamt oder ganz eingestellt. Das hat gravierende Folgen für den Lithium-Supply. Chile ist einer der größten Produzenten der Welt und Analysten rechneten dort bisher mit starken Wachstumszahlen. Wir haben in vielen weiteren Regionen der Welt, zum Beispiel in Afrika, vergleichbare Risiken. Für westliche Autobauer bleibt nur eine Antwort: Sie müssen sich auf Lithium aus ihrer Region konzentrieren, aus Nordamerika und Europa. Genau deshalb haben wir unser Geschäftsmodell vom ersten Tage auf diese Märkte ausgerichtet.

Bleibt noch die Finanzierung.

Hier wird es einen Mix aus Eigenkapital, Fremdkapital und Subventionen geben. Die dazu nötigen Gespräche führen wir und wir sind mit deren Verlauf sehr zufrieden.

Machen hier die hohe Inflation und die gestiegenen Zinsen einen Strich durch die Rechnung?

Eindeutig nein. Zwar haben sich die geplanten Baukosten für den Konverter erhöht. Aber der Lithiumpreis ist in diesem Zeitraum trotz der jüngsten Korrektur am chinesischen Spotmarkt noch sehr viel stärker gestiegen. An der Profitabilität unseres Projektes müssen wir also keine Abstriche machen.

Wolfgang Böhm arbeitet als Finanzjournalist und ist u.a. auch für Rock Tech Lithium tätig.

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