Trumps Handelskrieg eskaliert: Weltmärkte zwischen Gold-Rallye und Zoll-Ängsten

Vor möglichen neuen US-Zollmaßnahmen steigt der Goldpreis auf Rekordhöhe, während Aktienmärkte nachgeben und Europa nach wirtschaftlicher Autonomie strebt.

Die Kernpunkte:
  • Edelmetallpreise erreichen historische Höchststände
  • Europas Streben nach wirtschaftlicher Autonomie
  • Geopolitische Unsicherheiten belasten Finanzmärkte
  • Konjunkturdaten und Technologiewettlauf im Fokus

Die internationalen Finanzmärkte stehen am Vorabend einer entscheidenden Woche vor einem Wendepunkt: Am morgigen 2. April wird US-Präsident Donald Trump voraussichtlich umfassende neue Zollmaßnahmen verkünden, die er selbst als „Liberation Day“ (Befreiungstag) bezeichnet. Die Ankündigung wirft bereits heute ihre Schatten voraus – Gold erreicht Rekordhöhen über 3.100 US-Dollar je Unze, während die Aktienfutures in den USA fallen. Angesichts der drohenden Handelsspannungen bereitet sich Europa auf eine neue wirtschaftliche Realität vor, in der EZB-Präsidentin Christine Lagarde einen „Marsch in Richtung Unabhängigkeit“ für Europa fordert.

Trumps „Befreiungstag“ verunsichert globale Märkte

Die Nervosität an den Märkten steigt vor der mit Spannung erwarteten Ankündigung neuer Zölle durch US-Präsident Trump. Laut Medienberichten könnte Trump einen pauschalen 20-Prozent-Zoll auf alle Länder verhängen, mit denen die USA ein Handelsdefizit haben. Analysten gehen davon aus, dass mindestens 15 Länder ins Visier genommen werden könnten, wobei sowohl Verbündete als auch Gegner betroffen wären. Bereits letzte Woche kündigte Trump neue Autozölle an und erklärte, es sei ihm gleichgültig, ob ausländische Autohersteller ihre Preise für Verbraucher erhöhen würden.

Die US-Aktienfutures reagierten am Montag mit Verlusten – der Dow-Futures fiel um 0,4%, der S&P 500-Futures um 0,7% und der Nasdaq 100-Futures um 1,1%. „Die Angstlevel der Märkte haben vor den angekündigten Vergeltungszöllen zugenommen, was Gold als Defensivanlage in hoher Nachfrage hält“, erklärte Tim Waterer, Chefmarktanalyst bei KCM Trade.

Gold auf Rekordjagd als sicherer Hafen

Die Unsicherheit über Trumps Zollpläne und die Befürchtung eines eskalierenden Handelskriegs treiben Anleger in sichere Häfen. Gold durchbrach am Montag die Marke von 3.100 US-Dollar und erreichte mit 3.115,79 US-Dollar einen historischen Höchststand. Das Edelmetall hat allein im März mehr als 8% und seit Jahresbeginn über 18% zugelegt, was mehrere Banken dazu veranlasste, ihre Prognosen für 2025 nach oben zu korrigieren.

Neben den Handelsspannungen spielt auch die Geldpolitik eine Rolle: Mary Daly, Präsidentin der Federal Reserve Bank von San Francisco, äußerte nach den jüngsten Inflationsdaten Zweifel an ihrer bisherigen Erwartung von zwei Zinssenkungen in diesem Jahr. Dies stützt zusätzlich die Attraktivität von Gold als zinslose Anlage. Auch Silber, Platin und Palladium verzeichnen Monatszuwächse, wobei Silber um 0,7% auf 34,35 US-Dollar je Unze stieg.

Europa sucht nach eigenen Wegen

EZB-Präsidentin Christine Lagarde interpretiert Trumps „Befreiungstag“ als Weckruf für Europa: „Ich sehe es als einen Moment, in dem wir gemeinsam entscheiden müssen, unser Schicksal besser in die eigene Hand zu nehmen“, erklärte sie in einem Interview mit France Inter. Diese Positionierung unterstreicht die wachsende Sorge in Europa vor den wirtschaftlichen Folgen eines verschärften Handelsstreits mit den USA.

Die europäischen Währungshüter stehen gleichzeitig vor der Herausforderung anhaltender Inflationsrisiken. Während die polnische Zentralbank laut einer Reuters-Umfrage ihren Leitzins bei 5,75% belassen dürfte, da die Inflation mit 4,9% fast doppelt so hoch wie das Ziel ist, zeigen sich in Deutschland gemischte Signale: Die deutschen Einzelhandelsumsätze stiegen im Februar überraschend um 0,8%, doch der gleichzeitige Anstieg der Importpreise um 3,6% im Jahresvergleich – der höchste Zuwachs seit über zwei Jahren – deutet auf neue Inflationsrisiken hin.

Spannungen mit Russland und geopolitische Risiken

Neben Handelskonflikten sorgen auch geopolitische Spannungen für Unsicherheit. Trump erklärte überraschend, er sei „wütend“ auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin und drohte mit sekundären Zöllen von 25% bis 50% auf Käufer russischen Öls, sollte Moskau seine Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges behindern. Diese Änderung im Ton folgt auf Wochen, in denen Trump Putin lobte und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj öffentlich kritisierte.

Die Entwicklung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem zwei Sonderwahlen in Florida als früher Lackmustest für Trumps zweite Amtszeit gelten. In Wisconsin hat sich außerdem ein formal überparteiliches Rennen für den Obersten Gerichtshof zum teuersten Justizrennen in der US-Geschichte entwickelt, hauptsächlich aufgrund der Bemühungen von Elon Musk, einen konservativen Kandidaten zu unterstützen.

Technologiewettbewerb intensiviert sich global

Während geopolitische und handelspolitische Spannungen die Märkte dominieren, zeigt sich im Technologiesektor ein intensiver Wettlauf – besonders im Bereich der künstlichen Intelligenz. In China stellte das KI-Startup Zhipu AI am Montag einen kostenlosen KI-Agenten vor, der tiefgehende Recherchen sowie Aufgaben wie Websuchen, Reiseplanung und das Verfassen von Forschungsberichten durchführen kann. Das Produkt mit dem Namen AutoGLM Rumination wird von den unternehmenseigenen Modellen betrieben und soll mit Konkurrenzprodukten mithalten können – bei deutlich geringerem Ressourcenverbrauch.

Der Schritt folgt einer Welle von chinesischen KI-Produkteinführungen, nachdem der Wettbewerber DeepSeek Anfang des Jahres mit einem Modell für Aufsehen sorgte, das angeblich zu wesentlich niedrigeren Kosten als US-Konkurrenten arbeitet. Zhipu AI, 2019 als Ausgründung eines Labors der Tsinghua-Universität gegründet, machte Anfang des Monats Schlagzeilen, nachdem es drei aufeinanderfolgende Finanzierungsrunden mit staatlicher Unterstützung in einem einzigen Monat gesichert hatte.

Konjunkturdaten im Fokus

In dieser ereignisreichen Woche werden auch wichtige Wirtschaftsdaten veröffentlicht. Besonders der US-Arbeitsmarktbericht für März am Freitag steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Experten erwarten, dass die US-Wirtschaft im März 139.000 Stellen geschaffen hat, nach 151.000 im Vormonat, während die Arbeitslosenquote bei 4,1% verharren dürfte. Vor der Veröffentlichung der Arbeitsmarktzahlen werden auch Daten zu privaten Einstellungen und offenen Stellen sowie separate Zahlen zur Fertigungsaktivität veröffentlicht.

In Deutschland nähert sich die Arbeitslosenzahl mit einem Anstieg um 26.000 im März auf 2,92 Millionen erstmals seit 10 Jahren wieder der 3-Millionen-Marke. „Die schlechte Stimmung unter den Verbrauchern ist eine Belastung für weitere Ausgabefreude“, kommentierte Alexander Krueger, Chefvolkswirt bei Hauck Aufhaeuser Lampe Privatbank. „Sorgen um den eigenen Arbeitsplatz wirken derzeit als Konsumbremse.“

Ausblick und Marktperspektiven

Die kommende Woche könnte einen entscheidenden Wendepunkt für die globalen Märkte darstellen. Sollten Trumps Zollankündigungen weniger harsch ausfallen als befürchtet, könnte der Goldpreis laut Analysten zurückgehen, da Gewinnmitnahmen einsetzen könnten. Gleichzeitig bereiten sich Unternehmen weltweit auf mögliche Veränderungen in ihren Lieferketten und Kostenstrukturen vor.

Von besonderem Interesse werden auch die Tesla-Auslieferungszahlen für das erste Quartal sein, die am 2. April veröffentlicht werden sollen. Analysten rechnen mit einem Rückgang der Auslieferungen um 7% gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 335.000 bis 360.000 Fahrzeuge, was auf den verstärkten Wettbewerb und die politischen Aktivitäten von CEO Elon Musk zurückzuführen sein könnte.

In einer Zeit wirtschaftlicher und geopolitischer Veränderungen müssen Anleger und politische Entscheidungsträger innovative Strategien entwickeln, um mit den neuen Realitäten umzugehen. Wie Lagarde betont, könnte dies für Europa bedeuten, einen „Marsch in Richtung Unabhängigkeit“ anzutreten – ein Prinzip, das möglicherweise auch für andere Wirtschaftsräume und Märkte in einer zunehmend fragmentierten Weltwirtschaft gelten wird.