Trumps Zollpolitik erschüttert Weltwirtschaft: EZB erwägt rasche Zinssenkungen
US-Präsidents reziproke Zollmaßnahmen erschüttern Finanzmärkte global, wobei Entwicklungsländer überproportional leiden und Notenbanken rasche Zinsreaktionen planen.

- Entwicklungsländer besonders stark betroffen
- Weltweite Flucht in sichere Anlagehäfen
- Notenbanken beschleunigen Zinssenkungspläne
- EU erwägt unkonventionelle Gegenmaßnahmen
Die von US-Präsident Donald Trump am Mittwoch verhängten flächendeckenden Strafzölle haben weltweit Schockwellen ausgelöst. Die als „reziproke Zölle“ bezeichneten Maßnahmen betreffen Dutzende Länder und führen zu massiven Verwerfungen an den Finanzmärkten. Besonders hart trifft es neben China und der EU auch ärmere Entwicklungsländer – eine Entwicklung, die nach Ansicht zahlreicher Experten die globale Konjunktur ernsthaft gefährden könnte.
Umstrittene Zollformel belastet ärmste Länder überproportional
Die vom Weißen Haus angewandte Berechnungsmethode sorgt für Verwirrung und Kritik bei Handelsexperten. Die Formel ist denkbar einfach: Das US-Handelsbilanzdefizit mit einem Land wird durch dessen Exporte in die USA geteilt und dann halbiert, wobei ein Mindestsatz von 10% gilt. Diese mechanische Berechnung führt zu teilweise absurden Ergebnissen, wie etwa Zöllen auf die unbewohnte Antarktis-Region Heard Island and McDonald Islands.
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Besonders besorgniserregend: Die ärmsten Länder werden am stärksten belastet. Madagaskar mit einem Pro-Kopf-BIP von nur 500 Dollar muss nun 47% Zoll auf seine bescheidenen Exporte in Höhe von 733 Millionen Dollar zahlen. Weitere stark betroffene Entwicklungsländer sind Lesotho mit 50% und Kambodscha mit 49% Zollsatz.
„Die größten Verlierer sind Afrika und Südostasien“, erklärte John Denton, Leiter der Internationalen Handelskammer (ICC). Die Maßnahmen „gefährden die Entwicklungsperspektiven von Ländern, die bereits mit sich verschlechternden Handelskonditionen zu kämpfen haben.“
Risikoaversion und Marktverwerfungen nehmen zu
Die Auswirkungen auf die globalen Finanzmärkte wurden unmittelbar spürbar. An den Aktienmärkten setzte sich ein massiver Ausverkauf fort, besonders hart traf es japanische Bankaktien, die allein am Freitag um über 8% einbrachen und auf Wochensicht rund 20% verloren. Der Index der Tokioter Bankaktien rutschte deutlich ab, während die Aktien der Mitsubishi UFJ Financial Group, Japans größtem Finanzkonzern, um 8,5% nachgaben.
Gleichzeitig flüchteten Anleger in sichere Häfen wie US-Staatsanleihen und Gold. Der Euro profitierte von der allgemeinen Dollarsschwäche und bewegte sich in Richtung eines Sechsmonatshochs, nachdem er am Vortag den größten Tagesanstieg seit fast drei Jahren verzeichnet hatte. Der Dollar-Index, der den Wert des Greenback gegenüber einem Korb wichtiger Währungen misst, stürzte am Donnerstag um 1,9% ab – der stärkste Rückgang seit November 2022.
„‚Unsicherheit‘ ist das Wort des Jahres 2025“, kommentierte Chris Weston, Forschungsleiter bei Pepperstone. „Der Vertrauensverlust in den US-Dollar ist unübersehbar.“
Notenbanken unter Druck: Schnellere Zinssenkungen erwartet
Die Nomura-Bank hat ihre Wachstumsprognose für die USA drastisch von 1,5% auf 0,6% gesenkt und erwartet nun eine schnellere Reaktion der US-Notenbank Federal Reserve. Statt wie bisher angenommen die Zinsen bis zum zweiten Quartal 2026 konstant zu halten, rechnet die Bank nun mit einer ersten Zinssenkung bereits im Dezember 2025, gefolgt von zwei weiteren Schritten im ersten Quartal 2026.
Noch schneller dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) reagieren. Nach der Verhängung des 20%-Zolls auf EU-Waren haben Marktteilnehmer ihre Erwartungen angepasst und rechnen nun mit einer 70-prozentigen Wahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung bereits im April 2025. Insgesamt werden bis Jahresende drei weitere Zinssenkungen auf einen Einlagensatz von 1,75% erwartet.
Auch die Schweizer Nationalbank dürfte auf die überraschend hohen Zölle von 31% reagieren. Goldman Sachs hat die Wachstumsprognose für die Schweiz für 2025 und 2026 leicht nach unten korrigiert und erwartet nun, dass die SNB zu einer negativen Zinspolitik zurückkehren wird, mit einem Leitzins von -0,25% bis September.
Europa erwägt umfassende Gegenmaßnahmen
Die EU bereitet inzwischen eine breite Palette möglicher Gegenmaßnahmen vor. Anders als bei früheren Handelsdisputen setzt Brüssel offenbar nicht nur auf klassische Vergeltungszölle. „Wenn die EU den USA mit den gleichen Waffen antworten würde, indem sie Zölle auf alle Importe erhebt, könnte das negative Auswirkungen für Europa haben“, erklärte der französische Finanzminister Eric Lombard.
Stattdessen prüft die EU verschiedene Optionen, darunter digitale und regulatorische Maßnahmen sowie den Austausch von Daten und Steuerinstrumenten – ein Ansatz, der besonders amerikanische Technologieunternehmen treffen könnte. „Die Antwort kann sehr energisch ausfallen, und wir sollten nicht mit exakt den gleichen Waffen antworten“, betonte Lombard. „Wir arbeiten an einem Paket von Reaktionen, die weit über Zölle hinausgehen können, um die USA an den Verhandlungstisch zu bringen.“
Diese Strategie deutet auf einen umfassenderen Ansatz hin als bei früheren Handelsstreitigkeiten und könnte weitreichende Folgen für große amerikanische Technologiekonzerne haben, die in Europa tätig sind.
Asiatische Länder reagieren mit protektionistischen Maßnahmen
Die Handelsspannungen beschränken sich nicht nur auf die transatlantischen Beziehungen. Am 1. April kündigte Vietnam temporäre Antidumping-Zölle von bis zu 37,13% auf bestimmte verzinkte Stahlprodukte aus China und bis zu 15,67% auf einige Produkte aus Südkorea an. Die Maßnahmen treten am 16. April in Kraft und bleiben 120 Tage lang gültig.
Diese Entwicklung unterstreicht, wie protektionistische Tendenzen weltweit zunehmen. Mit von den US-Zöllen stark betroffenen Ländern wie China (kombinierte Zölle von 64%) wächst die Gefahr eines umfassenderen Handelskriegs. Sowohl China als auch die EU haben bereits Gegenmaßnahmen angekündigt.
Wirtschaftlicher Ausblick verdüstert sich
Die Auswirkungen der Zollpolitik auf das globale Wirtschaftswachstum könnten gravierend sein. „Unsere Ökonomen schätzen, dass diese Zölle das US-BIP-Wachstum in diesem Jahr um bis zu 2 Prozentpunkte reduzieren könnten, während sie die US-Inflation um bis zu 3 Prozentpunkte erhöhen“, erklärte Luca Paolini, Chefstratege bei Pictet Asset Management. „Das allein könnte ausreichen, um die USA in eine Rezession zu stürzen.“
Goldman Sachs hat seine Wachstumsprognose für Großbritannien um 0,1 Prozentpunkte auf 0,7% für das Jahr 2025 gesenkt und warnt vor zusätzlichen Abwärtsrisiken für das Wachstum der Eurozone aufgrund einer „sich verlangsamenden Weltwirtschaft, einer Eskalation der Handelsspannungen und strengeren Finanzierungsbedingungen.“
Besonders prekär ist die Situation für Japan, dessen fragile wirtschaftliche Erholung nach Jahrzehnten der Stagnation nun wieder gefährdet ist. Nach Jahren des Stop-and-Go-Wachstums und eingefrorener Löhne schien die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt im vergangenen Jahr endlich ihren langen Stillstand zu überwinden, als Preise und Löhne zu steigen begannen. In einem hochsymbolischen Schritt erhöhte die Zentralbank erstmals seit fast zwei Jahrzehnten die Zinsen.
„Die Welt hat sich verändert, und nur wenige Volkswirtschaften spiegeln diese Veränderungen so stark wider wie Japan. Ein schwächerer Dollar und die Bedrohung durch eine globale Handelsrezession beeinträchtigen die Reflationsperspektiven Japans erheblich“, sagte Fred Neumann, Chefökonom für Asien bei HSBC Hong Kong.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die von Trump eingeleitete Handelspolitik tatsächlich zu einem globalen Abschwung führt oder ob Verhandlungen die Spannungen entschärfen können. Eines ist jedoch sicher: Die Finanzmärkte und Notenbanken weltweit stehen vor einer Phase erhöhter Unsicherheit und Volatilität.
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