Wall Street Kompakt: Mit Vroom, Lordstown Motors, Oatly, Oracle, Square und Ferrari

Liebe Leser,

zwar schweben noch immer die Sorgen über Inflation über dem Parkett und noch immer gibt es leidenschaftliche Diskussionen um die Frage, ob es sich um eine echte Inflation handelt, oder ob sie einfach nur vorübergehend ist. Auch wird gern darüber spekuliert was Inflation für den Aktienmarkt bedeutet: Die einen sagen, sie wird den Markt steigen lassen, die anderen sagen, sie wird den Markt abstürzen lassen. Und jeder hat seine extrem gut begründete Meinung, zusammen mit konkreten Vorschlägen, was aufgrund der Inflation zu tun oder zu lassen ist.

Indes: Nicht die Inflation bestimmt den Trend der Indices, sondern die Entwicklung der Unternehmen. Bestenfalls liefert die Inflation eine Art Rahmen, in dem die Kursbewegungen ablaufen werden: anziehende Inflation bedeutet engerer Rahmen, ausbleibende Inflation lockert ihn. Außerdem bin ich davon überzeugt, dass wir in den nächsten 6-12 Monaten sehen werden, wie die allgemeine Knappheit nachlässt, vor allem bei den Arbeitskräften. Und hier haben wir tatsächlich eine Anomalie in den USA:

Die Zahl der offenen Stellen stieg im April auf einen Rekordwert von 9,3 Mio., da sich die Wirtschaft wieder erholt hat, so der jüngste JOLTS-Bericht. Aber 3,5 Mio. Amerikaner beziehen immer noch wöchentliche Arbeitslosenunterstützung und mehr als 9 Mio. bleiben arbeitslos. Die USA erleben also zeitgleich eine hohe Arbeitslosigkeit und einen sehr hohen Arbeitskräftemangel. Unternehmen wollen einstellen und nach der Krise wieder liefern, doch die Arbeitnehmer bleiben lieber zuhause. Höhere Löhne und höhere Preise können die Folgen sein, aber nur solange die Covid-Hilfsprogramme noch laufen. Enden diese, rennen alle wieder zur Arbeit.

Was bedeutet das alles für die Börse? Wenig! Denn hier geht es im Kern um zwei Themen: 1. Wartet die Fed mit dem Fummeln an der Zinsschraube ist die Welt in Ordnung, 2. Stimmen die Stories der Unternehmen gibt es keinen Grund jetzt schon Gewinne einzusacken. Zudem gibt es auch an anderen Fronten Bewegung:

Die USA und die Europäische Union haben eine Beilegung des langjährigen Streits um Flugzeugsubventionen zwischen Boeing und dem europäischen Rivalen Airbus bekannt gegeben. Die Vereinbarung setzt die von der Welthandelsorganisation (WTO) genehmigten Zölle für fünf Jahre aus, und die US-Handelsbeauftragte Katherine Tai sagte, dass sie als Modell für die Lösung künftiger Streitigkeiten dienen könnte. Das allein ist schon ein Grund sich Boeing und Airbus ins Depot zu legen!

Andere Schlagzeilen:

Die Aktien des Anbieters von Gebrauchtwagen-E-Commerce-Plattformen Vroom fielen um mehr als 11%, nachdem das Unternehmen eine Wandelanleihe in Höhe von 500 Mio. Dollar mit Fälligkeit 2026 ankündigte. Vroom plant, den Erlös für Investitionen in neue Technologien und andere Unternehmenszwecke zu verwenden. Wachstum mit Fremdkapital wird in diesen Zeiten nicht gern am Markt gesehen, denn es bedeutet dass das Unternehmen hinterherhinkt. Noch kein Kauf!

Lordstown Motors bleiben hektisch im Kursverlauf. Zum Wochenauftakt fielen sie um 18,8 %, nachdem bekannt wurde, dass CEO Steve Burns und CFO Julio Rodriguez zurückgetreten sind. Die Schritte kamen nur wenige Tage, nachdem Lordstown sagte, es habe erhebliche Zweifel an seiner Fähigkeit, als Unternehmen fortzufahren, aufgrund von Herausforderungen bei der Finanzierung der Produktion seiner Fahrzeuge. Gestern dann die Gegenbewegung mit +11%. Das sieht alles verdächtig nach dem letzten Zucken vor dem Abgesang aus! Ich bleibe draußen!

Die Aktien des Hafermilchunternehmens Oatly steigen um 2% nach einem schwachem Vortag, nachdem eine Reihe von Wall Street-Firmen ihre Rating angepasst hatten. JPMorgan stufte das Unternehmen mit „Neutral“ ein und sagte, dass der Wettbewerb in diesem Bereich zunehmen wird. Morgan Stanley stufte das Unternehmen mit „Equal Weight“ ein, während Oppenheimer die Coverage mit einem „Perform“-Rating begann. Andere Firmen sind jedoch optimistisch: Jefferies, Credit Suisse und Piper Sandler stuften die Aktie mit „Kaufen“ ein. Die Aktien von Oatly sind in diesem Monat immer noch um mehr als 15% gestiegen. Unserer Auffassung: gute Story, aber zu teuer. Wir warten auf eine Korrektur, und gehen dann in Position.

Oracle sank um weitere 1,5%, obwohl Oracle am Montag besser als erwartete Ergebnisse für das vierte Quartal veröffentlichte. Das Unternehmen verdiente 1,54 Dollar pro Aktie, ohne Berücksichtigung von Posten, bei einem Umsatz von 11,23 Milliarden Dollar. Analysten erwarteten einen Gewinn von 1,31 Dollar pro Aktie bei einem Umsatz von 11,04 Milliarden. Dollar. Ein Blick auf den Chart reicht aus: the trend is your friend! Kaufen!

Square fiel um 1,5% nach einem Plus um 5,3% am Montag, nachdem die Deutsche Bank ihre Kaufempfehlung für die Aktie bekräftigte. Zitat: „SQ hat sich zu einem zweiseitigen Finanz-Ökosystem entwickelt, das den gesamten adressierbaren Markt weiter ausbaut und die Erwartungen übertrifft, und wir sehen eine anhaltende Dynamik am Horizont“, so die Deutsche Bank. Stimmt alles, aber es fehlt derzeit an klaren Wachstumsimpulsen um den Wert aus der Seitwärtsbewegung zu hieven. Abwarten.

Die Aktien des Sportwagenherstellers Ferrari stehen unter Druck nachdem Goldman Sachs die Aktie zweimal von „Kaufen“ auf „Verkaufen“ herabgestuft hatte. Die Firma sagte, dass Ferraris Umstellung auf Elektrofahrzeuge den Cashflow in naher Zukunft beeinträchtigen könnte. Ja, das wird in der Tat spannend. Wie sieht die Zukunft einer Marke aus, die dadurch beliebt wurde, weil dicke Zwölfzylinder so schön röhren? Wenn schon ein Tesla flüsternde 1.020 PS hat…. Sicher, das dauert alles noch, aber auch Ferrari muss sich den Umweltauflagen stellen und das kostet.

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